Seit ca. drei Monaten denken wir intensiv in unserem bmbf-Projekt SCoRe ĂŒber das Forschende Sehen als Spezialform des forschenden Lernens nach. Als erstes Ergebnis ist nun ein Impact Free-Artikel entstanden, worĂŒber ich mich sehr freue [âFORSCHENDES SEHENâ â EIN KONZEPT UND SEINE MĂGLICHKEITEN]. Darin beschreiben wir erstmals die Spezifika des Forschenden Sehens und kombinieren diesen âErkenntnisrahmenâ mit den besonderen âErkenntnismittelnâ, nĂ€mlich Video und Social Video Learning.
Es ĂŒberrascht daher, wenn wir â wie im Titel geschrieben â âblind startenâ. Hintergrund fĂŒr diesen verbalen AufhĂ€nger ist der Expertenworkshop âVideoâ, den wir letzte Woche an der Macromedia-Hochschule Hamburg (MMH) unter Leitung von Andreas Hebbel-Seeger und Team (Marianna und AndrĂ©) sowie unserem externen Videoexperten von der ETH ZĂŒrich, Pascal Xavier Schmidt, durchgefĂŒhrt haben. Im Workshop galt es u.a., im Rahmen eines Arbeitsauftrags zu erkunden, welche Barrieren und Hilfsmittel jemand im GebĂ€ude der MMH vorfindet, der blind ist. Um erste empirische Einsichten zu gewinnen, hatten wir jemanden aus unserem Kreis die Augen verbunden, ihn mit einer wortkargen Begleiterin ausgestattet und dann âeinfach mal den Weg zum Professorâ suchen lassen. Man macht sich keine Vorstellung davon, wie offenkundig und subtil Barrieren sein können. Genau diese Barrieren mit Video aus sehr unterschiedlichen Perspektiven zu dokumentieren, war Teil des Arbeitsauftrags und Teil der âBeobachtungsstudienâ, die wir mit dem Projekt anstoĂen wollen.
Ich bin sehr froh, dass wir nach den Monaten intensiver Theorie- und Konzeptionsarbeit nun praktische Erfahrungen sammeln, nicht zuletzt auch deshalb, weil wir ein GefĂŒhl dafĂŒr bekommen mĂŒssen, was wir Studierenden zutrauen können und mĂŒssen. Was mich besonders fasziniert, ist, dass mit der Metapher des âForschenden Sehensâ ein Rahmen abgesteckt ist, der abstrakte Aspekte der Erkenntnistheorie und der Forschung im Zusammenspiel mit Video (lat. ich sehe) in greifbare und potenziell begreifbare Kategorien ĂŒberfĂŒhrt, z.B. BeobachterabhĂ€ngigkeit, PerspektivitĂ€t, KonstruktivitĂ€t etc. Am Ende steht wohl auch die Aufgabe, Studierende vom ânaiven Sehenâ (und Beobachten) ĂŒber viele Zwischenstufen zu einem reflexiven Sehen (und Wahrnehmen) zu bringen, was ein wichtiger Aspekt einer forschenden Haltung ist. Und wie immer denke ich bei solchen SĂ€tzen nicht nur an die Studierenden an Hochschulen, sondern auch an die Trainer und Trainerinnen von morgen, fĂŒr die das Forschende Sehen ebenfalls ein attraktives Ziel sein dĂŒrfte.