So, ich möchte etwas ausführlicher von der Tagung in Salzburg berichten, einer Tagung, die sich um das Thema social software und social scills drehte. Bisher haben Jojo und ich in unsererem adhoc-(wir setzen mal einen blog auf)Tagungsblog primär Bilder und ich lediglich "Gestotter" ins Netz gestellt ;-). Eines summarisch vorweg: es war eine sehr gelungene Tagung, Tagungsort, Teilnehmer, Themen, … alles war gut ausbalanciert. Ein herzliches Lob an die Organisatoren.
Dienstag Mittag startete die Tagung für mich mit einem Workshop. Leif Pullich von der FernUni Hagen gab uns eine gute Einführung zum Thema weblog. Zwar war das für all diejenigen, die sich schon länger mit weblogs beschäftigen nicht so sehr interessant, aber für einen Neuling wie mich war es gut ;-). Als mein Fern-Uni-Hagen-weblog dann einmal einerichtet war, habe ich (angestoßen durch Jojo) eine für mich interessante Erfahrung gemacht: wenn man das, was im Seminarraum vor sich geht direkt (also live) in seinem Blog re-formuliert, dann nimmt man sehr aktiv (an)teil. Neben den Informationen des Dozenten, die man parallel durch googeln verifizieren oder ergänzen kann, kombiniert man eigene Gedanken zu einer Dozent-Google-Meins-Einheit, die man dann als Sinn-Einheit posten kann.
In diesem ersten Schritt (I) ist interessant, wie auf der Mikroebene der metalen Verarbeitung sich ein Gleichgewicht der Informationsverarbeitung einstellt, d.h. in Abhängigkeit von der persönlichen Leistungsfähigkeit spiele ich mit den Inputgrößen "Dozent", "Google" und "Vorwissen". Im Ergebnis empfinde ich dieses Gleichgewicht als Lernlust, da die Steuerung in mir liegt. Interessant wäre es hier zu sehen, wie unterschiedlich starke Schüler, Studenten mit diesen Angeboten und den damit verbundenen Freitsgraden umgehen. Gibt es individuelle Lernflows bei standartisierten Frontalunterricht? Toll wäre das :-). Ich habe dies im Anschluss kurz im Seminar angemerkt, dass man in Schulen diese Variante einmal ausprobieren sollte. Herr Pullich meinte, dass dies Schüler überfordern würde. Hier bin ich anderer Meinung!! Wenn ich sehe, wie lesitungsstark 12 Jährige in der multiplen Verarbeitung von Spielinformationen sind, dann kann dies nicht der Engpass sein. Wir trauen unseren Schülern und auch Studenten zu wenig zu! Wir spielen in Schule und auch Uni aber das falsche Spiel und schließen von der Jetztbelastung auf ein fehlendes Leistungspotential.
Gut, gut ;-). … interessant ist an diesem liveblogging (der Begriff trifft nicht das mentale matching => matchblog??), dass man in einem zweiten Schritt(II), die unterschiedlichen Objektivationen anschauen, interpretieren und darüber diskutieren kann. Das ist dann für den Lehrenden nicht nur ein sehr erhellendes Qualitätssicherungssystem (nach dem Motto: Was ist den "angekommen"?), sondern es ergeben sich auch Chancen, die jeweiligen Blogbeiträge im Unterricht zu diskutieren oder später asynchron zu kommentieren (Motto: warum hat er/sie das denn anders verstanden?). Was ich meine: man sollte es einfach in der Schule mal ausprobieren! Das die Schüler in den Laptopklassen googeln wenn ihnen langweilig ist (und ihnen ist öfter langweilig), zeigt, dass hier noch Potenziale der persönlichen Flowoptimierung schlummern.
Abends gab es lecker Essen, wirklich, dies ist erwähnenswert! Am Tisch saßen Sebastian Schlömer (ZWW Uni Augsburg), Jojo mein Kollege ein englischsprechender Podcaster und eben ich. Am Ende des Essens wurden uns vom besagten Podcaster ein paar Fragen zum Thema weblogs, wikis, podcast gestellt, die Sebastian professionell beantwortete. Der Beitrag wird nächste Woche online gestellt, ich muss aber noch rauskriegen wo.
Abends habe ich dann noch Sebastian Fiedler getroffen, ein bekannter Hund der Szene (bekannter "Hund"?, oder meine ich bunter Hund), der jetzt für das Zentrum für soziale Innovation in Wien arbeitet. Neben "tiefen" Einsichten in die Verwaltungs- und Koordinationsarbeit in EU Projekten, habe wir uns noch länger über die Entwicklungen deutscher Universitäten unterhalten. Sebastian ist ja einer derjenigen, dessen Herz an der sog. Bildungsidee hängt, der daran glaubt, dass die Universität verdammt nochmal die Pflicht hat, kritische Zeitgeister auszubilden. Mit der "Angleichung" von BA/MA Strukturen würde aber eine Verplattung des ehemaligen universitären Anspruchs einhergehen, kurz und plakativ: 1. Semester "Wo bin ich hier", 2. Semester: "Wo sind die Frauen/Männer?", 3. Semester: "Wie qualifiziere ich mich für einen Job? Wo bleibt da Raum für eine Lebensphase – so seine Worte – , in der ich auf kritische Distanz zu dem gehen kann, was Vati und Mutti mir als richtig, als Wahrheit mitgegeben haben? Jojo, mein junger Kollege (4 Semester BA Medien/Informatik Uni Augsburg) antwortete auf diese leidenschaftlich vorgetragene Position: "Du hast ein Glaubensproblem" :-). Er verneint die Behauptung, dass alle im 3. Semester arbeitsfixiert sind, verneint, dass zu wenig Freiraum für eigene Gedanken gibt, verneint, dass da eine Verflachung und Vermarktung am Werke ist. Was er fordert ist vielmehr sehr pragmatisch: ich suche Lehrer, die mir effizient etwas beibringen können – basta! Wahrscheinlich sind die jungen BAler viel weniger verkrampft mit den Strukturen in denen sie selber leben (leben müssen) als wir Diplomer und echten UNIVERSITÄTSABSOLVENTEN ;-). Ich selbst bin der Meinung, dass die BA-Idee nicht notwenig zu einer Verflachung führt, wenn wir denn den Spielraum der mit Bologna vorgegeben ist auch ausnutzen, man kann ja auch über einen "typisch deutschen" BA nachdenken und zwar mal im positiven Sinne des Wortes. Wenn die Amerikaner einen Goethe, einen Humboldt, Schiller, Einstein etc. gehabt hätten, dann hätten sie einen Humboldtdiplom ausgerufen, ein einmaliges nur amerikanisches Bildungsdiplom. Dahinter hätten Sie eine riesige Marktingkampagne gehängt und gesagt, seht, hier in Amerika, wo die größten Köpfe der Welt gelebt und gewirkt haben, da haben wir ein Bildungsdiplom. Sie hätten gefragt: What's that? … a BA/Master???? Wir sollten also unter dem Dach der BA/MA Struktur (das ist Realität) die Spielräume so ausfüllen, dass da noch "Eigenbildung" stattfinden kann. Ich jedenfalls glaube nicht an einen Automatismus BA=>Verflachung. Die Hochschullehrer haben aber den Auftrag, die durch die Medien induzierte Angst zu dämpfen und die 3-4 Jahre "Freiraum" vielfältig, explorativ und meinetwegen auch effizient zu gestalten. Gleichzeitig hat der Staat die Pflicht, diejenigen, die sich für Bildung Tag und Nacht engagieren ordentlich zu bezahlen!
Den Folgetag will ich knapper beschreiben: es gab für mich 2 interessante Schwerpunkte: e-Portfolios mit digital story telling und gaming. Das erstgenannte Thema möchte ich weiterverfolgen, vielleicht auch mal in einem Seminar. Große Potentiale sehe ich in sog. Kooperationsseminaren wie z.B. unser letztes Werbung und Ethik mit dem beta Institut für Gesundheitsmanagement. Hier hat man eine Projektstruktur, hier treten Konflikte mit den externen Partner auf, hier hat man einen überdurchschnittlichen Koordinationsaufwand in der Projektgruppe. Ich selbst habe im genannten Seminar am Ende eine "Dokumentations- und Reflexionsmappe" erstellen lassen, sozusagen als schriftliche Leistung zum Seminar. Es wäre um ein vielfaches besser gewesen, wenn die Studenten in diesem Seminar ein formatives e-Portfolie angelegt hätten. Am Ende hätte man die echte Vor-Ort-Präsentation auf der Bühne der betaphram in einem sog. showcase-portfolie (habe ich gelernt) packen können, z.B. eines der Produkte.
Insbesondere der Verbindung zum story telling hat mich angesprochen. Hier schlummertn viele Potentiale, wie Studenten ihre Lerngeschichten gestalten (audio, video), sich gegenseitig erzählen und dadurch für sich, dem Kooperationspartner und den Dozenten etwas gewinnen. Aber: ich habe es oben schon erwähnt, die Dozenten müssen natürlich eines einbringen! Sie müssen potentiell spannende Rahmengeschichten erfinden. Wer eine klassische Vorlesung (kein kritisches Ereignis) macht, der überfordert seine Studneten mit einem e-portfolie … was soll da rein???
Gut, der andere interessante Teil des Nachmittags dreht sich um das Thema game based learning. Interessant war, wie viel Geld in diese Thematik auf der EU Ebene gesteckt wird (10 Mio). Ich habe mich etwas darüber geärgert, warum wir, also Freddi und Caro nicht intensiver bei solchen Tagungen in Erscheinung treten. Ihr Diss-Projekt mit der TU München Mikrosystemtechnik ist mittlerweile schon weit fortgeschritten und im Forschungsraum hätten sie sicher viel zu sagen. Auf jeden Fall brauchen sie sich mit ihrem interaktiven 3D-Spiel zur Mikrosystemtechnik nicht verstecken. Meine zentrale Frage zum Thema Spiel, insbesondere zur analogen Struktur von Spiel und Anwendungskontext bleib leider unbefriedigend beantwortet. Es ist für mich immer noch eine Herausforderung zu begründen, wie ähnlich (analog) sich Spiel und Anwenungskontext sein müssen, damit man a) Prozesse des Anwendungskontextes erlernt und nicht andere und b) das Spiel noch als Spiel erkennt und nicht als demotivierende 1:1 Abbild des Anwendungskontextes.
So, ich denke, das war es erstmal. Sicher wird Jojo noch eine recht umfangreiche Mitschrift der Tagung (Skizzen, Links, Fotos) ins Netz stellen.