Ich bezeichne mich ja selber gerne als Humboldtianer :), deshalb, weil ich gute Lehrer hatte (Herr und Frau Bröcken und Clemenz Menze), die mir den Funken des Neuhumanismus mit viel Leidenschaft eingepflanzt haben. Wenn ich ehrlich bin, leite ich auch heute noch meine Bildungsvorstellungen daraus ab, obwohl ich weiß, dass gerade diese spezielle Bildungsvorstellung nicht mehr zeitgemäß ist … aber was heißt das schon, „zeitgemäß“?
Dass es immer wieder zu hitzig geführten Auseinandersetzung rund um diesen genuin deutschen Begriff der Bildung kommt, verdankt sich seiner mystisch-religiösen Herkunft. Genau hier liegt die qualitative Differenz gegenüber den zeitgemäßen Alternativen aus dem angloamerikanischen Raum, die angesichts eines „Imago Dei“ als Leichtgewichte erscheinen.
Interessant ist, dass in den letzten Jahren viele Aktivitäten geboren wurden, die auf diesen schwer zu bändigenden Begriff eben nicht verzichten wollen, z.B. Bildungspsychologie, Bildungscontrolling oder Bildungs-TÜV, um nur einige zu nennen. Genau diese Gründungen oder Wortschöpfungen verzichten aber bei genaueren Hinsehen auf die mystisch-religiösen Implikationen. D.h. die Ganzheit der Bildung, die Idee, wird verformt zu einer Art convenient Bildung, … aus der Sicht eines Neuhumanisten.
Nun weiß ich natürlich, dass Konzepte und Ideen sich wandeln, angepasst werden an zeitliche Bedürfnisse und Wertvorstellungen. Interessant ist nur, warum sich der Begriff der Bildung und damit auch etwas von seiner Kernidee so hartnäckig hält, was ist so verführerisch an der Totalität der Individualität, an der Selbstästhetisierung?
Wer Lust hat, sich in aller Kürze einen Einblick zum Bildungsbegriff zu verschaffen und den Bezug zur Pädagogik nachspüren will, der sei auf den lesenswerten Artikel von Michael Naumann verwiesen.