Netz gegen Nazis

Netz gegen Nazis: so lautet der eingängige Titel einer Crossmedia-Kampagne, der Zeitschrift DIE ZEIT, die mit einer ganzen Reihe von Mitinitiatoren etwas gegen rechte Gewalt tun wollen.  Ich finde das gut, auch wenn mir klar ist, dass dies nur ein Baustein in einem umfassenden Programm sein kann. Aber als big bang ist es prima. heise online berichtet darüber …

Kinderkunst 2.0

Vor ein paar Wochen haben wir (GT) uns für den Wettbewerb „Ein Netz für Kinder“ beworben und zwar mit einem wie ich finde recht ambitionierten Projekt: „Kinderkunst 2.0 – malen, erzählen, bewegen“. Im Kern sollte es darum gehen, unterschiedliche Modi der „Kunstproduktion“ wie kindliches Malen und Erzählen, aber eben auch Bewegungskunst in einem Portal einzufangen und interaktiv bearbeitbar zu machen. Zusammen mit der Professur für Kunstpädagogik und unserer Medienpädagogik (beide Universität Augsburg) hätten wir uns auf ein spannendes Projekt gefreut. Leider war unser Antrag an der Stelle schwach – so eine Rückmeldung – wo es darum ging, sicherzustellen, wie man die Kinder im Prozess motiviert. Ich bin mit diesem Hinweis nicht wirklich glücklich – ehrlich nicht, zumal man auf den wenigen Seiten (Zeichenbegrenzung) nicht lange ausholen konnte. Aber alles Jammern nutzt nix, wir werden die Ideen hoffentlich an einem anderen "Kinderort" zum Einsatz bringen.

Mädchen forschen anders!

Letzte Woche war ich auf einer kleinen Tagung der Grünen. Der Titel der Veranstaltung zog mich an: Herausforderung Technikbildung für Mädchen“. Mich interessiert das Thema im Zusammenhang mit Tech Pi & Mali Bu, also einem Programm, das in der jetzigen Form speziell den naturwissenschaftlichen Unterricht im Blick hat. Darüber hinaus finde ich die Forderung nach „mehr Ingenieurinnen“ fragwürdig, gar nicht im Ziel, sondern einerseits in der Begründung dieser Forderung und anderseits in den Methoden und Wegen, wie man dieses Ziel erreichen möchte.

Auf der kleinen und feinen Tagung selber sprachen durchweg Frauen (ich war mit einem anderen Kollegen der einzige Mann). Die Kolleginnen (Zeiler, Vierlinger) vom Bildungswerk der Bayrischen Wirtschaft e.V. stellten Projekte vor, die für einen offenen, fragend-entwickelnden Unterricht plädierten. Frau Zorn aus Graz vom Institute for Advanced Studies on Science, Technology and Society konzentrierte sich auf eine gendersensitive Didaktik; u.a. drehten sich die Beispiele um das Thema Robotik http://www.innovationscamp.de/. Frau PD Ostendorf wies uns dann in einem „gepfefferten“ Referat auf die Mädchenpolitik der Nürnberger Arbeitsagentur im Zeitverlauf hin. Den Abschluss machte die Geschäftsführerin von Life e.V., die uns Einblicke in ihre Vereinsarbeit gab.

Die Veranstaltung war gut organisiert, die Sprecherinnen engagiert, das Thema aktuell und wichtig. Dennoch fehlte mir in den Beiträgen innovative Ideen zu der Frage, wie man speziell Mädchen für Naturphänomene begeistern und zu technische Fragen hinführen kann. Wir tun immer so, als müsse man „auf die Höhe des männlichen Forschungsverständnisses“ kommen, was ich für falsch halte. Jungen sind (warum auch immer) eher an haptischen-mechanischen Forschen interessiert; die Chance für Mädchen sehe ich in einem spezifischen ästhetisch-funktionalen (symbolischen) Forschen – keine modisches Getue, sondern Ästhetik als aísthesis, als sinnliche Wahrnehmung von Problemzusammenhängen und deren Lösung. Gerade der Bereich der Programmierung könnte davon profitieren. Was ich konkret meine ist das, was Prof. Doebli in seinem Dillinger Referat ganz am Ende nur streifen konnte.

Entscheidend ist wohl, WIE wir Erwachsene das Phänomen „Technologie“ konzeptionieren, um es dann an Mädchen und Jungen weiterzutragen. Vielleicht muss man dieses Verständnis einer „ästhetischen Technologie“ erst noch ausbuchstabieren … in jedem Fall behaupte ich frech normativ: „Mädchen forschen anders!“. Wir werden sehen, ob wir das 2009 irgendwo als Motto wieder finden.

Entwicklungszusammenarbeit

Vor Kurzem habe ich einen Artikel von F. Staub gelesen, indem er dafür wirbt, dass die Erziehungswissenschaft eine stärkere Verantwortung für die Bildungspraxis übernehmen soll. Sehr anschaulich erläutert er unter dem Namen „Fachspezifischen-Pädagogischen Coachings“ ein Konzept zur Unterrichtsentwicklung (als wesentliche Säule der Schulentwicklung). Er plädiert für eine „Entwicklungsforschung“, in welcher „Akteure aus Wissenschaft und Praxis in Kooperation theoriebasierte Settings und Werkzeuge für die Entwicklung von Praxisfeldern zu konstruieren suchen“ (S. 114). Als Vertreter der „Augsburger Medienpädagogik“ stehe ich natürlich fest hinter einer solchen Auffassung von Forschung, zumal ich gerade im Sportkontext sehe, wie fruchtbar eine solch enge Verbindung ist, wenn man Praxis verantwortungsvoll und effizient verändern möchte (ob das Aufgabe der Bildungswissenschaft sein soll, darüber streiten sich die Geister).

Wenn ich mir die letzten 1 ½ Jahre und damit die Zusammenarbeit mit dem TTVN vergegenwärtige, dann wird mir klar, dass eine Kooperation eben nicht bedeutet, dass man wissenschaftliches Wissen in der Praxis zur Anwendung bringt oder implementiert. Der Clou besteht vielmehr in einer wechselseitigen Aktivierung und Integration von (Christian würde sagen) lokalen und globalen Wissen (kommt aus der Entwicklungszusammenarbeit). Wir haben zwar in diesen speziellen Bildungskontext (Sportverband) in einem ersten Schritt einen technischen Prototypen eingebracht, was folgte war aber eine Gegenberatung durch die Sport-Spezialisten vor Ort. Mittlerweile wurde die Didaktik auch weiterentwickelt und genau dabei habe ich gemerkt, dass man hier mit allgemeinen Prinzipien zwar weit kommt, aber das Domänen- und Organisationswissen der sog. Praktiker das Gesamtkonzept erst anschlussfähig und für die Mitglieder verstehbar macht. Ich sehe mich in diesem Prozess durchaus als Coach, weil ich viele Anregungen gebe, den Prozess im Tagesgeschäft des Verbandes vorantreibe, hier und da Referate halte, um die (Veränderungs-)Perspektive aufzuzeigen; aber ohne einen Mitspieler IN DER ORGANISATION, der die allgemeinen Vorschläge spezifiziert, sich selber als „Macher“ sieht, geht es definitiv nicht. Das Ganze ist mit dem Begriff „Implementation“ wie ich finde auch recht unzureichend beschrieben, wenn man darunter die Umsetzung von schon Gedachten (Strukturen, Konzepte, Maßnahmen) versteht. Vielmehr ist es eine – wie oben angedeutet – gemeinsame Konstruktion eines Technologie-Didaktik-Organisations-„Bündels“, wobei man über die Komplexität (im Sinne eines Metatextes) tunlichst nicht sprechen sollte! Ähnlich wie Staub sehe ich einen wichtigen Erfolgsfaktor darin, in diesem Coachingprozess einen langen Atem zu haben und die Interventionskonzepte wirklich an der Lerngeschichte des Einzelnen anzudocken. Vieles – sicherlich nicht alles – entwickelt sich von diesem Ort aus.

EU-Projekt geht in die heiße Phase …

Am Montag war ich mit Gabi in Neumarkt, um an vorletzten EU-Treffen des Paedimed Teams teilzunehmen. Im Kern haben wir den Stand des Lernportals diskutiert, dass Freddi im Detail vorgestellt hat. In der Pilotphase wird das Portal ja in den Partnerländern Deutschland, Italien und Rumänien eingesetzt und zwar in Schulen und bei SchülerInnen zwischen 14-17 Jahre. Thematisch dreht es sich um die Haut(-krankheiten) bzw. um sexuell ansteckenden Krankheiten ,also Themen, die zwar in diesem Alter wichtig sind, aber gern aus den Blick geraten – nicht alles ist da schön anzusehen. Deshalb arbeiten wir in dieser Lernumgebung mit einer Geschichte, mit vier Hauptakteure, die in Südfrankreich in einem Zeltlager so manche Abenteuer erleben und DABEI natürlich in speziellere Geschichten verwickelt werden, in denen dann die Haut eine Rolle spielt – also durch den Rücken in die Brust. Die Umgebung selber ist aus medientechnischer Sicht eher einfach gehalten, also nix mit Web 2.0. Dafür ist sehr viel Energie in Instruktionen für die Lehrer eingeflossen, die die Umgebung u.a. – also als Begleitung zur Präsenzlehre – in den Unterricht einbinden sollen. Gestern wurde mir klar, dass das Thema sehr viel mit dem Körper und dem eigenen Körperbild zu tun hat, frei nach dem Motto: My skin is my body! Vielleicht werde ich das Projekt mal bei einer der nächsten sportwissenschaftlichen Tagungen vorstellen, da ja gerade der Sportunterricht mit seinem Körperbezug Anker zur Selbstreflexion liefern kann.

Geschichten erfinden

Gestern war ich zusammen mit Marco bei Hedi (Reinmann) und zwar in der Wolfratshauser Bücherei. Sie veranstaltet dort regelmäßig eine sog. Kindergeschichtenschmiede, in der Kinder „Geschichten erfinden“, diese dann aufmalen und ggf. Dritten erzählen. Das ist schon spannend genug. Gestern sind wir dort hingefahren, um "unsere" Geschichte vom Außerirdischen TechPi abzuspielen und die Kinder damit zu begeistern. Im Anschluss daran wurde nun nicht irgendeine, meist märchenhafte Geschichte von den Kindern erfunden, sondern ein neues Abendteuer von TechPi und MaliBu. Dieses mal ging es in den Wald, es ging um Zelten, um Feuermachen, um einen Kompass bauen, weil sich die beiden natürlich verlaufen haben und es ging um Fliegenpilze, die der neugierige TechPi sich in den Mund stopfen wollte. Die Geschichte geht gut aus, keine Frage, dafür sorgen die Kinder schon. Es hat alles (dank Hedi) erstaunlich gut geklappt – anders zwar als das freie Märchen, aber dafür recht nah an der Wirklichkeit und an den Themen der 3. Grundschulklasse (Sachkunde) hier in Bayern. Auf jeden Fall haben wir viel erfahren können wie das Zusammenspiel von Mediengeschichte und eigener (konstruierter) Geschichte im Klassenraum organisiert werden muss. In jedem Fall können wir die Erfahrungen gut in unser aktuelles Projekt Tech Pi 2.0 einbringen.

Olympia-Boykott oder nicht … oder ist das die falsche Frage?

„Der Sport ist nicht in der Lage, Probleme zu lösen, die weder die Vereinten Nationen noch einzelne Regierungen in jahrzehntelangen Anstrengungen bewältigen konnten“, teilte der DOSB mit. [ZEIT online]

Soweit das aktuelle Zitat von offizieller Seite. Ich weiß, das ganze Geflecht aus Politik-Wirtschaft-Sport ist zu verzwickt als dass man schnelle und eineindeutige Handlungsstrategien daraus ableiten könnte. Hinzu kommt, dass man recht mutlos über sich, die Olympische Bewegung oder allgemein den Sport urteilt: Er sei nicht in der Lage, politische Probleme zu lösen, sagt man.

Ich bin bisweilen gespalten: Auf der einen Seite möchte ich meinem politisch-humanistischen Reflex folgen und der chinesischen Regierung die rote Karte zeigen: wegen der Gewalt in Tibet, wegen der Menschenrechtsverletzungen, wegen der augenfälligen Instrumentalisierung der Spiele. Auf der anderen Seite denke ich, dass man die Situation nur verändern kann, wenn man den Dialog sucht und den Anderen, das Andere, mit ins Boot holt. Genau eine solche Position verfolgen offenbar die Deutsche Regierung und der DOSB und andere Hilfsorganisationen. An anderer Stelle habe ich gelesen: „Wir brauchen keine Anti-China, sondern China-Strategie.“ Soweit so gut.

Mir ist dieser erste Einstieg, hop oder top, aber zu wenig. Eine solche „Argumentation“ verdeckt die Binnenkomplexität, die eine große internationale Kulturbewegung zu managen hat und vor allem wird dadurch nicht sichtbar, welche Handlungsalternativen es für die Olympische Bewegung gibt. Aber, wer ist denn die Olympische Bewegung? Ja, das sind wir, die Zuschauer, das sind die SportlerInnen, die Betreuer und Trainer/Innen, das sind die Journalisten, also all diejenigen, die die Freiheit dazu haben, die Stimme zu erheben, weil sie weder durch Gewalt bedroht, durch Lüge verblendet oder wie die führenden IOC-Mitglieder an diplomatische Zurückhaltung gebunden sind. Es geht also um beides und das ist wahrscheinlich so schwer zu verstehen: Es geht um die Sicherung eines internationalen Sportfestes der Jugend und es geht gleichzeitig um eine der größten Protestbewegungen gegen chinesische Gewalt im eigene Land und in Tibet! Genau in dieser GLEICHZEITIGKEIT von Ereignissen auf unterschiedlichen Bühnen liegt die besondere, d.h. sportlich-kulturelle Macht der Olympischen Bewegung!

Man muss sich in der Tat immer bewusst machen, dass das IOC und die Olympische Bewegung immer schon auf dünnem Eis gestanden hat, soll heißen: Einerseits ist sie angewiesen auf den Zuspruch aus Politik und Wirtschaft (vgl. hierzu Coubertins Erinnerungen 1936). Andererseits darf man diese materielle Machtlosigkeit nicht zu einer generellen Machtlosigkeit verallgemeinern! Die Erfinder der neuzeitlichen Olympischen Spiele haben eine sehr machtvolle Idee in die Welt gesetzt. Gut 100 Jahre nach dieser Erfindung erzeugen die Olympischen Spiele eine weltweite Aufmerksamkeit, bei allen Bevölkerungsschichten und damit ein „Gefühl von globaler Gemeinsamkeit“. Das ist der zentrale Friedensbeitrag der Spiele, der unmittelbar aus der sportlich-kulturellen Inszenierung hervorgeht. Man kann sagen: „Das ist zu wenig!“ Ich würde aber sagen: „Das ist alles, was der Sport als SPORT-Bewegung geben kann, aber genau das ist seine Pflicht.“

Zusammen mit der oben erwähnten Gleichzeitigkeit (besonderes Fest + systematischer Protest) ergibt sich für mich eine China-Strategie, die sicherlich nicht einfach umzusetzen ist, die aber den Machthabern in China zeigt: „Wenn ihr mit im Boot der Zivilgesellschaft sein wollt, dann MÜSST ihr euch den Spiegel vorhalten lassen!“ Was definitiv nicht passieren darf – und die Gefahr ist groß, weil dieser Weg nur eine Handbreit daneben liegt – ist, die Spiele zu spielen und im „vorauseilenden Gehorsam“, aus „strategischen Gründen“ oder „wirtschaftlichen Interessen“ still zu halten, nichts zu sagen, mit den Machthabern zu sympathisieren … wie 1936. Genau dann nämlich würde man das Kostbarste der Olympischen Idee verspielen, die Hoffnung der Jugend, weil man die Botschaft vermitteln würde: Schaut weg!

Die Botschaft sollte lauten: „Schaut hin, sagt was ihr denkt, tauscht euch aus, vor allem mit der chinesischen Jugend … und konzentriert euch auf euren Wettkampf! Ja, von der Jugend der Welt, von der Olympischen allemal, wird viel verlangt. Aber das war ganz im Sinne Pierre de Coubertins, denn er hat explizit neben der kraftlosen Formel der „Toleranz“ den „gegenseitigen Respekt“ (Le respect mutuel) gesetzt. Und Respekt ist bei ihm mit mindestens drei Imperativen verbunden: das Fremde (gerade auch die Geschichte Chinas) kennenlernen, die Überzeugungen der anderen achten aber auch … das eigene Gewissen nicht ruhen lassen!

Literaturhinweise:

Coubertin, P. de: Die gegenseitige Achtung. Acadenia, 1988

Güldenpfennig, S.: Sport: Kunst oder Leben. Academia, 1996

Wir machen Elite, garantiert!

Als ich mich vor ca. 17 Jahre in Köln „anschickte“, zum Start meines Studiums eine Wohnung zu suchte, da war ich nicht erfolgreich: ca. 3 Wochen suchte ich in Zeitungen, zusammen mit Kollegen oder an Aushängen nach freien Wohnungen bzw. Zimmern. Ich erinnere mich wie ich genervt nach Hause ins Sauerland fuhr, mich an die Theke meines Vaters stelle (wir hatten ein Restaurant) und kurz mein Leid klagte. Vor der Theke stand ein Gast der mich fragt: „Wie, du hast kein Zimmer bekommen, möchtest du eines haben?“ Verwundert sagte ich: „Natürlich!“. Ca. 5 Minuten später hatte ich ein Zimmer in Köln, in einer Villa, zusammen mit drei anderen Studienanfängern. Ich stellte bald fest, dass ich dort in einer nichtschlagenden, farbentragenden Verbindung gelandet war, deshalb war alles so günstig, deshalb ging alles so schnell. Obwohl ich einem natürlich angeborenen Reflex folgen wollte – nämlich auf der Stelle kehrt zu machen – verbrachte ich fast ein ganzes Semester bei dieser Truppe um zu sehen, was sich hinter den Mauern der Verbindungselite verbarg. Im Kern habe ich Kamingespräche, an denen Kölner Professoren sprachen oder den Jour fix kennen gelernt, ebenso die Idee des Lebensbandes. Eines ist mir aber noch fest in Erinnerung. Auf die Frage warum die anderen denn in einer Verbindung seien, sagten viele recht unverblümt, weil sie so nach dem Studium recht einfach an einen guten Job kommen würden. Mir war das auf eine unerklärliche Weise peinlich … bald darauf folgte ich meinen anfänglichen Reflex … ich verließ die Verbindung.

Warum bringe ich dieses Erlebnis im Zusammenhang mit der Elitediskussion? Vor ein paar Tagen habe ich das Buch von Julia Friedrichs gelesen. Sie hat ein Jahr damit verbracht Eliten – meist in sog. Eliteinstitutionen – aufzusuchen um sie zu befragen, was das denn sei, „Elite“. Das Buch endet ernüchternd. Sie findet keine Elite, nicht in Salem, nicht an den Business Schools, nicht in Harvard. Sie kann diese Eliten deshalb nicht finden, weil sie selber, implizit, eine (andere) Vorstellung davon hat, was Eliten sind. Sie hat hohe Ansprüche, die eher politisch motiviert sind. Sie sucht also letztlich an falschen Orten, dort wo es draufsteht, z.B. Eliteschule, kann es nicht drin sein – Etikettenschwindel. Eben die von ihr aufgesuchten Eliten erinnern mich an mein Angangsbeispiel, an den Kernmechanismus „Zugang bekommen“ … und zwar nicht über Leistung sondern über „Kontakte“ und damit letztlich über Herkunft. Das ist kein notwendiger Mechanismus, aber doch ein sehr wahrscheinlicher. Was Julia Friedrichs letztlich enttäuscht, sind glaube ich zwei Dinge: erstens die Einsicht in diesen starken Mechanismus der „Exklusion“ – wer keine Eintrittskarte hat kommt nicht rein und die draussen sind, werden geringer geschätzt. Und zweitens die Einsicht, dass die aufgefundenen Eliten politisch wenig aktiv bis desinteressiert waren. Am Ende reicht es vielen (nicht allein z.B. dem Iraker im Buch) mit einem selbst erlegten Reh im Arm Schampus zu trinken, Papas Partei zu wählen und natürlich irgendwann richtiges Geld (definitiv nicht in der Politik) zu verdienen.

Spricht da Neid? Nein, ich hoffe nicht, jeder soll Schampus, Steigenberger, Mini, Kragen, Kroko, Versage, Rothschild tragen & trinken & feiern wo und wie er/sie will. Ich finde es nur unpassend, wenn sich eine Gruppe, die sich den ganzen Tag Gedanken zur eigenen Lebensweise + Abgrenzung zu anderen macht, „Elite“ nennt. Überhaupt finde ich, dass man jungen Menschen nicht mit diesen zentnerschweren Begriff kommen sollte, der "ver-führt": das sensible Gemüt wird erdrückt, das übermäßig Starke bläht sich künstlich auf. Warum nicht einfach nur „seine Sache gut“ machen. Das klingt wenig sexy, ist aber gar nicht so einfach, zumal dann nicht wenn die Konkurrenz groß ist. Ach!? Ja ich bin Pädagoge, da darf man das sagen. Wahrscheinlich sind es aber auch diese beiden Eliteformen, die man besser auseinander halten sollte: auf der einen Seite der soziologische Begriff, dem es um die Beschreibung von gesellschaftlichen Herrschaftsverhältnissen und Reproduktionslogiken geht und auf der anderen Seite den normativ gemeinten Begriff der Elite, der Aussagen darüber macht, machen will, welche Einstellungen, Verhaltensweisen und Absichten gemeinwohlfördernd sind.

Nun weiß ich gar nicht wie ich enden soll. Vielleicht mit einer erfrischend Anekdote? Immer wieder muss ich schmunzeln über die Geschichte von Basti, der auf der BA-Abschlussfeier im gediegenen Steigenberger Hotel lauthals gesagt haben soll: „Ich tat es für Deutschland!“ Damit irritierte er seine Kommilitonen und die Professorenschaft nicht schlecht. Ja, sowas ist Selbst-Ironie, vielleicht ein ganz wichtiger Baustein in einem wie auch immer gearteten Elitekonzept.

Kopfkamera und Kunst

Vor einiger Zeit hatte ich Mailkontakt mit Johannes Vockeroth. Er experimentiert schon seit Jahren mit einer Art Kopfkamera. Das Thema find ich gerade aus Lernpersektive sehr spannend, weil die Perspektivität "erlebbar" und "reflektierbar" wird z.B. Einsatz in der Lehrerfortbildung (was sehen die Referendare denn wirklich, was sehen sie gerade nicht, bemerken sie das was sie sehen, wie unterscheiden sich die "objektiven" und erlebten Sichten von Referendaren und Dozenten)? Einsatzszenarien für Sport, Unternehmenskultur, interkulturelle Erziehung sind denkbar. Wer die Kamera mal sehen will und zwar im Kontext Kunst, der sei auf den folgenden Aufruf hingewiesen:

"Am heutigen Donnerstag Abend (28.02.2008) findet in der Pasinger Fabrik um 20:00 die Veranstaltung "KinoM BestOf KinoKabarett 2007" statt. Dort zeigen wir eine Auswahl der schönsten Kurzfilme, die letztes Jahr beim KinoKabarett in der Pasinger Fabrik entstanden sind. Unter Anderen "Cyborg Re-Calibration" mit der blickgesteuerten Kopfkamera sowie einigen Robotern der TU-München. KinoM ist eine der Jüngsten von weltweit knapp 50 Gruppen, die sich regelmäßig beim sog. KinoKabarett treffen, um gemeinsam meist innerhalb von 48h Kurzfilme zu produzieren. Wir freuen uns über jeden Besuch heute Abend. Mehr Infos zu Kino, KinoM, dem nächsten Kabarett im August, sowie die meisten Kurzfilme gibts unter http://www.KinoM.de"