Virtueller Umzug und die „neue“ Uni

Seit 2001 bin ich Mitglied des Medienpädagogik Teams in Augsburg. Ich gehöre der ersten Generation an, also jener Gruppe (Adler, Häuptle, Warsitz etc.), die zur Jahrtausendwende mit Gabi die ersten Schritte in Richtung E-Learning und Wissensmanagement gehen konnten. In den letzten vier Jahren war ich der Uni Augsburg intensiv durch Forschungskooperationen und eher lose durch (unbezahlte) Lehraufträge verbunden. In jedem Falle war es eine gute Zeit, in der ich meinem Ziel des campusnahen Unternehmers recht nahe gekommen bin. Wie fruchtbar ein solches Modell sein kann, zeigt sich meines Erachtens gut im aktuellen EU-Projekt (Driver Instructor Education 2.0), bei dem Ghostthinker Antragsteller/Projektträger und die Uni wissenschaftilcher Partner ist. Leider ist es mir in diesen Jahren nicht gelungen, die Vision des campusnahen
Unternehmertums auch zu institutionalisieren. Was immer noch fehlt, ist ein Life-Cycle: Unternehmerisches Denken im Studium, finanzieller und ideeller Gründungssupport nach dem Examen und institutionalisierte Selbständigkeit in Campusnähe mit wechselseitiger Nutzung der Ressourcen Universität/ Wirtschaftsbetrieb. Nun gut.

Ab April 2010 werde ich meine Forschungsarbeiten an der Universität der Bundeswehr München verlegen und damit Augsburg als „virtuellen Standort“ verlassen. Den Wechsel nach München begrüße ich sehr, nicht nur, weil nach fast 10 Jahren ein neuer Anstrich notwendig wird, sondern auch, weil München eine vergleichbare Aufbausituation wie Augsburg 2001 bietet, d.h. eher familiär, intensiv und mit neuen Akzenten. Kontakte werde ich neben dem Lehrstuhl z.B. auch beim Center for Technology and Innovation Management suchen (An-Institut), in dem Ausgründungen mit Forschungsbezug laut website willkommen sind.

Dass diese eher kleine Campusuni den Namen „Bundeswehr“ im Titel trägt, stört mich solange nicht, wie Forschung und Lehre frei sind. Und das ist per Gesetz geregelt. Exotenthemen wie TechPi, Erzählkunst oder Musik werden bei uns also auch weiterhin gepflegt werden. Ich komme aber nicht umhin zuzugeben, dass ich in den letzten Monaten über den Zusammenhang von Universität und gesellschaftlicher Verantwortung intensiver nachgedacht habe; an einer „normalen“ Universität schläft man hier schnell den Schlaf des Gerechten. Was ist also die Legitimation für eine Universität der Bundeswehr? Wie Gabi es vorsichtig ausdrückt, indem man sich an der wissenschaftlichen Bildung von Offizieren für die zivile Laufbahn beteiligt? Wie Helmut Schmidt es vor Jahren gefordert hat, indem auch und gerade Offiziere eine wissenschaftliche Bildung benötigen? Beide Antworten glauben an das Potenzial „der Wissenschaft“ – für zukünftige Arbeitsfähigkeit einerseits und aufgeklärte Entscheidungen andererseits. Das glaube ich mangels Alternativen auch. Darüber hinaus bin ich der Überzeugung, dass wir „das Militärische“ im 21. Jahrhundert nicht auf Pfeil und Bogen verengen dürfen. Vielmehr werden sich die Aufgaben in den Bereich der humanen Sicherheit international ausdehen, d.h. mindestens Katastrophenschutz und Friedenssicherung integrieren. Das sind schwergewichtige Herausforderungen, auf die die aktuelle Politik nur stammlige Antworten gibt, … geben kann. Doch die Antworten wird uns keiner abnehmen; man kann sie verdrängen, relativieren oder gar nicht erst stellen. Mit dem Umzug nach München kommen sie in mein Bewusstsein und über diesen politischen Akzent bin ich mit 40plus ganz froh.