Man kann sich ja fragen: „Braucht es das?“ Und ja, man braucht sie, diese Wissenschaftsdidaktik, die in den 1970er Jahren im Kreis von v. Hentig erfunden wurde, die in den interdisziplinären Zentren für Hochschuldidaktik der 1990 still anwesend war und die jetzt wieder zum Thema gemacht wird. Antreiber dieses Neuanlaufs sind Gabi Reinmann und Rüdiger Rhein, die in den letzten zwei Jahren drei Sammelbände zur Wissenschaftsdidaktik auf den Weg gebracht (Band 1, Band 2) und damit das verdichtet haben, was man aktuell unter Wissenschaftsdidaktik verstehen möchte, nämlich: eine Didaktik, die sich von den heterogenen Fachdisziplinen her entwickelt, eine Didaktik, die sich des wissenschaftskulturellen Hintergrunds im Vermittlungsakt bewusst ist, eine Didaktik, die gerade für nicht explizit pädagogisch geschulte Hochschulmitglieder, z.B. Matheprofessorin oder Soziologieprofessor, zum zentralen Selbstverständnis gehört. Kurz: Wissenschaftsdidaktik ist spezifisch!
Um sich auch synchron über diese „Spezifika“ der Wissenschaftsdidaktik auszutauschen, fand letzte Woche an der Universität Hamburg auf Einladung von Reinmann/Rein ein kleines Symposium statt. Mit ca. 20 Personen aus Universitäten, Hochschulen, Stiftung und EdTech war die Veranstaltung „bunt“ besetzt. Inhaltlich ging es mit Fragen wie diesen hoch her: Ist Wissenschaft ohne Disziplinen lehrbar (Ines Langemeyer)? Was ist das Verbindende aller Disziplinen (Uwe Fahr)? Was sind fachkulturelle Irritationsmomente (Tobias Jenert & Ingrid Scharlau)?
Am Ende stand die Frage im Raum, wie es denn jetzt weiter gehen solle. Mit einer „Reanimation“ der Vergangenheit oder einem „Relabeling“ von Hochschuldidaktik als Wissenschaftsdidaktik ? Oder müssen wir nochmal ganz anders denken, um die fraglosen Potenziale der Wissenschaftsdidaktik wirksamer in das System Hochschule einzubinden? Letzteres ist ein Punkt, den ich interessant finde und den Gabi und ich auch in einem eigenen Beitrag (Band 3) verfolgen, z.B. durch die Einrichtung von „verteilten Lehrlaboren“, in denen Lehrende freier und ohne Wettbewerbsdruck experimentieren können. Mehr institutionelle Freiheit, mehr kollegiales Experimentieren und mehr fachkulturelle Spezifik (vgl. Gespräch hier) – im Zeitalter des formalen „Overscripting“ und der sich anbahnenden KI-Welle kein schlechter Ansatz.