Sowohl-als-Auch

Gestern hatten wir unser Dorktorandenkolloquium. Ich war auch dabei, nicht nur weil ich Zeit hatte, sondern weil mich die neusten Entwicklung von Silke und Norbert interessieren. Über Silke kann ich gar nicht viel schreiben … alles geheim :-). Norberts Beitrag sah dieses mal die Methodik vor, da bin ich auch nicht so gut. Mit Norbert werde ich mich sicher noch über den von Ihn fokussierten Erzählen 4 Begriff austauschen. Nur viel mir gestern auf, dass das Bestreben, eine wissenschaftliche Arbeit zu schreiben allzu schnell dazu verleitet, das anfänglich attraktive Moment, nämlich das Feinstoffliche, aus den Augen zu verlieren. Wissenschaftlich heisst: zählbares zum Maß aller Dinge zu machen, weil es ja damit handfest wird. Es ist ein Dilemma, wenn man mit einem wissenschaftlichen Methodennetz das Flüchtige einfangen will. Abschließend haben wir noch über Beck's Entgrenzungstext gesprochen. Die Runde war nicht so begeistert von Becks Sichtweisen, weil er entweder zu unscharf formuliert war oder mit der reflexiven Moderne nichst neues gesagt wurde – so Ellen und Rüdiger. Hmmm. Warum war ich so angetan? Sebastian hat mich das nach dem Treffen gefragt (ich selbst sage in der Runde wenig, weil ich lange brauche, um die Eindrücke der anderen zu verarbeiten). Ja mich hat der Text überzeugt, weil darin etwas für mich erlebbares beschrieben wurde, etwas was ich überall unscharf sehe, für was ich aber bisher keine Begriffe hatte. So erleben ich mit meiner Familie (Patchwork) dieses sowohl als auch zwischen Familie (Emotional) und Nicht-Familie (Rechtlich); Dusselköppe sagen, das mir das egal sein soll, aber darum geht es ja gerade nicht, es geht um das Phänomen und darum, nach welchen Referenzsystem ich dieses Phänomen beurteile. Ich habe es erlebt in Güldenpfennigs theoretischen Ausarbeitungen, wo es ihm darum ging, die System-Identität des Sports genau zu bestimmen, damit man den Grenzverkehr zwischen den Systemen Sport und Wirtschaft überhaupt legitimieren kann. Wenn man das nicht tut, wer will dann noch sagen, was der Sport sich sonst noch alles bieten lassen soll? Der Ausverkauf der Olymischen Idee zum reinen Komerz ist doch fraglich genug. Und mit gleicher Logik frage ich derzeit im Verein für Ökonomie und Bildung e.V. wie der Grenzverkehr zwischen Wirstchaft und Schule aussehen soll? Wenn Sebastian sagt, dass in Amerika in den Klassenzimmern Werbeblöcke im TV laufen, dann regt man sich darüber auf. Aber warum regt man sich auf, auf welcher Basis kann man sagen: "Das finde ich nicht gut!" Welche normative Vorstellung von Schule (Funktionslogik, Leitdiffernez) steckt dahinter? Verändert der Kontakt, die Kooperation mit der Wirtschaft diesen zentralen Sinn von Schule? Und wenn ja, bis an welche Grenze wollen wir die Schule zu einer ökonomischen Schule machen? Mir geht es nicht darum, alte Grabenkämpfe aufzutun, sondern nur ganz genau zu fragen, wie der Grenzverkehr aussieht und nach welcher Referenz wir den Verkehr zwischen den Systemen fördern, aber dann auch mit gleich Kraft und begründeter Legitimation ablehnen wollen. Oder was haben wir in der Hand, wenn ein Computerhersteller morgen kommt und sagt: "wir wollen die Schule x finanzieren, dafür aber einne Teil der (Aus)Bildung nach Maßgabe unserer Firma gestalten". Ja und an dieser Stelle sind Sebastian und ich verschiedener Meinung: beide finden die Ökonomisierung bedenklich bis erschreckend und suchen nach Alternativen, wenn der Staat sich zurückzieht. Mein Ansatz ist der, dass ich den Imperalismus der Ökonomie als Realität (an)erkenne und nun nach Wegen suche, wie man das ökonomische Kalkül mit den eigenen Waffen schlägt. Mir geht es darum, dass man die Diskussion zum Nutzenbegriff wiederbelebt, wie es in der ökonomischen Dogmengeschichte abzulesen ist. Sebastian glaubt nicht daran, dass die Ökonomie selbst zu einem besseren führt und setzt auf die Revolution von unten; deshalb u.a. sein starkes Engangement in der Blogging Szene und der Glaube an die Gestaltbarkeit der Gesellschaft von unten. Uns beide juckt es aber, dass in unserer Gesellschaft derzeit alles vom ökonomischen Kalkül bestimmt wird und das man etwas tun muss, um die Folgen und Folgen der Folgen sichtbar zu machen.