Was ist ein i-Modulator?

Gestern hatte ich ein Gespräch mit meinem Bruder, Peter. Schon länger, eigentlich schon seit 10 Jahren, beschäftigen wir uns (informell) mit der Vorgründungsphase, also der Phase eines Projekts, wo es darauf ankommt, rohe Ideen zu formen, Köpfe zu motivieren und ihre Potentiale zu koordinieren. Das hat viel mit Psychologie, vielleicht auch Pädagogik, wenig mit fließendem Geld zu tun ;-). Mit dem aus der Unternehmensgründungsszene bekannten Begriff der „seed-Phase“ sind diese Prozesse nur unzureichend abgebildet: „vor“ kann vieles heißen und der Gründungszeitpunkt x ist oft nur ein formaler Rechts-Akt .

Wie kann man den Wertschöpfungsprozess und die damit verbundenen sehr unterschiedlichen Herausforderungen beschreiben? Peter hat vor allem den ersten Schritt im Blick: „In der Startphase kommt es darauf an, dass jemand die Personen (Träger der Ideen) für ein Produkt oder eine Dienstleistung, z.B. Ingenieure unterschiedlicher Fachrichtungen, „aktiviert“, ihnen das Wertschöpfungspotenzial vor Augen hält, die verstreuten Ideenfragmente so aufbereitet, dass daraus eine vermarktbares Potential (nicht ein wissenschaftliches Potential) entsteht. Kurz: man muss einen Anfang machen, man muss Energien dort bündeln, wo sie latent sind: etwas Unsichtbares und flüchtiges wird sichtbar. Dabei muss man die meist kauzige Art der Ideengeber aushalten können, man muss durch ein „halbes“ (meist analoges) Verstehen die Idee zusammenhalten, man muss ein Klima der Kommunikation entfalten können und zwar dort, wo die Gruppe noch gar nicht so genau weiß, worüber sie kommunizieren soll – Kommunikation ohne Grund , aber mit Zweck.

Die Person, die diesen „ersten Akt“ unterstützt, könnte man i-Modulator nennen. Warum Modulation? M. ist ein transdisziplinärer Begriff, der in der Musik, Medizin, Biochemie, Linguistik vor allem in der Nachrichtentechnik gebraucht wird. Als Begriffskern könnte man sagen, dass man mit Modulation eine „Anpassung“, „Überleitung“, „Transformation“ mindestens zweier Qualitäten meint. Hier ein Blick in die Nachrichtentechnik:

„Ein großes Anwendungsgebiet in der Nachrichtentechnik ist die Signalübertragung. Es geht darum, wie man viele Informationen möglichst verlustfrei über einen Übertragungsweg übertragen kann. Bei der Übertragung verschiedener Signale auf dem selben Übertragungsweg ist ohne eine vorherige Signalaufbereitung kaum eine Signalübertragung möglich. Deshalb werden Modulationsverfahren eingesetzt, um Informationen und Daten so in elektrische Signale umzuwandeln, damit sie für die Übertragung geeignet sind. Ein Modulationsverfahren beschreibt, wie Daten abgebildet werden müssen, damit sie auf einem Kabel oder über die Luft übertragen werden können.“ (Quelle: Elko)

„Unterschiedliche Daten auf EIN Kabel kriegen“. So oder so ähnlich könnte man (recht mechanistisch) die Funktion eine i-Modulators im Gründungsprozess beschreiben. Wofür steht das „i“? Ganz modern für Idee, Innovation, Information.

Erst wenn dieser Übergang von der impliziten zur einer expliziten Idee vollzogen ist, wenn man überhaupt erst sagen kann: „Wir haben eine Idee!“, dann kommen die BWL-er, die diese Idee in Richtung eines ordentlichen BP mit Projektplanung weiterentwickeln, dann kommen die Banker, welche die Idee weiter prüfen und am Ende kommen die VC-Partner, die an den abstrakten Eckwerten der Gründung Interesse haben.

Warum erscheint mir der i-Modulator (also ein Kunstwort) erwähnenswert? Weil der oben skizzierte „flüchtige Prozess“ weder in der Gründungspraxis angemessen eingebunden noch in der Literatur zum entreprenerership education gut beschrieben ist. Gerade im Zuge eines „Wirtschaftskundeunterrichts“ an Schulen oder Projekten zum Gründungsprozess (EE) an der Universität fände ich die Beschäftigung mit dem i-Modulator wichtig, weil Schüler/Studenten erfahren könnte, dass „Wirtschaft“ nicht vom Himmel fällt, sondern (zumindest Wirtschaftsgründungen) viel mit Psychologie, Pädagogik und … wenn man den Spagat aushält, auch einiges mit „kosmischer Religiösität"  (s.a. A. Einstein) zu tun haben.

Kinder-Erzählfest 2009

Nun schon zum dritten Mal veranstaltet Hedi Reinmann zusammen mit der Stadtbüchereiin Wolfratshausen ein Kindererzählfest. Ausgehend von Hedi`s Erzählkurs beim Goldmund Verein in München hat sich hier in Wolfratshausen ein Geschichtenwerkstatt für Kinder entwickelt, in der die 5-11 Jährigen – zusammen mit Hedi – Geschichten erfinden, dazu bunte Bilder malen und in einem dritten Schritt versuchen, Bilder samt Geschichte vor einem Publikum vorzutragen. Das ist sehr spannend, lustig und mit Herzklopfen auf Erzähler- wie Zuhörerseite (meist Eltern) verbunden. Dieses Jahr freuen wir uns besonders auf Michael Klute, einem (Kinder)erzähler aus dem Sauerland (da wo ich wech komm). Man muss ihn gehört UND GESEHEN haben… wenn er erzählt, dass ein Bär brummt, dann brummt der Saal. Also, wer Kinder im genannten Alter hat oder selber das Kindsein noch attraktiv findet, der sollte kommen! 20. Juli 2009, 15.00, Wolfratshausen, Stadt-Bücherei.   

learning from learners – a smart idea?!

Die letzten beiden Tage war ich auf der IATEL-Tagung in Darmstadt, was sehr interessant war. Gabi musste dort einen Vortrag halten und in einem solchen Fall bietet sich ein Exkurs aus dem Alltag immer an ;-). Schon vor Wochen wollte ich ein Motivationsschreiben zu dieser Tagung einreichen, um dort an den Workshops aktiv teilzunehmen. Leider habe ich das verschwitzt und so konnte ich mich mit dem didaktischen Konzept zum SportCampus nur oberflächlich einbringen. Inhaltlich bot meine Session hierzu nämlich mancherlei Anker: z.B. durch die Anwesenheit von Computerlinguisten und Informatikern, die Interesse an dem Zusammenhang von „Bewegungsvisualisierung und Sprache“ oder „guided tagging“ hatten.

In unserer Session „learning from learner – a smart idea“ haben wir das Ziel verfolgt, die impliziten oder auch fehlenden „Setzungen“ (Annahmen, Bedingungen) zu finden, die hinter dem eigenen Lernkonzept stehen, z.B. gehe ich von einem Novizen-Experten Modell aus? Will ich Sinnverstehen fördern oder bloße Informationsverteilung? Betrachte ich den Lerner als hilfsbedürftig oder neugierig? Welche Vorstellung habe ich von der Community? Wie steht diese mit dem einzelnen Lerner in Verbindung? Hinter diesen Fragen verbergen sich Modelle, z.B. Lernermodell, Communitymodell, Technikmodell, Anwendungsmodell, etc. Es kam im Grunde heraus, dass sich einige Kleingruppen gar keine Gedanken über ihre Modellannahmen machen oder dass das Zusammenspiel (Abhängigkeiten) der Teilmodelle nicht hinreichend berücksichtigt wird. Insofern ist es interessant, s y s t e m a t i s c h nach blinden Flecken der didaktischen und technischen Entwicklungsarbeit zu suchen und dabei für die unterschiedlichen Fachsprachen/ Annahmen der Beteiligten (allem voran Pädagogen und Informatiker) sensibilisiert zu werden.

Ich habe gemerkt, dass die Diskussion „ohne konkreten Fall“ oft schwindlig hoch und allgemein ist, da man immer alle möglichen Modellparameter berücksichtigen muss. Das ist einerseits inspirierend, weil die geistige Beweglichkeit über die Modellgrenzen hinweg hoch ist. Andererseits ist eine solche Diskussion unbefriedigend, weil sie bei informationsarmen Aussagen stehen bleiben muss, z.B., „es kommt darauf an“ ob die Idee Learners from learners funktioniert. Durch eine dichte Beschreibung eines komplexen Falls könnte man die vorgeschlagenen Modelle „aktivieren“, d.h., konkreten Modellparametern zuordnen. Diese Konkretisierung bei gleichzeitiger Modelleeinordnung hätte den großen Vorteil, dass man die zentrale Frage der Ausbalancierung von Modellparametern (model balancing) anschaulich macht. Das ist – glaube ich – sehr lehrrreich, für den Vortragenden und Zuhörer.

Die Abschlussdiskussion am Samstag bündelte nochmal die Ergebnisse aus den Sessions. Gegen Ende ging es nicht mehr um e-learning, sondern um Grundsätzliches: um den Wert der Formung an einer Universität, dem Wert der „Unterwerfung“ der Studenten unter einen „Zwang“, der zur Freiheit und Bindung führt (Sesink). Das sind alte, dialektische Formeln, die immer noch gültig sind. Das Problem der m o d e r n e n Universität ist aber, dass wir uns verstärkt „toten Formen“ unterwerfen, also Regeln und Bindungen, die „weh tun“ OHNE das damit personales Wachstum verbunden ist. So kamen wir abschließend zu einer Hintergrundfolie für e-learning-„Aktivisten“, von der auch Gabi in ihrem Vortrag gesprochen hatte: Ist die subtile Ökonomisierung der Universität im Gewandt einer FORMALISIERUNG Treiber für die Lern-UN-kultur? Ja, das Thema hatten wir schon einmal bei Ökonomie und Bildung. Was tun? Darauf wurde keine Antwort gegeben und ich weiß auch nicht, ob die e-Learning Forschung darauf eine Antwort geben KANN, denn politische Aktivität ist für den modernen Forscher ein „no go“, oder? Wem das zu pessimistisch ist, der sei auf das Spiel von Wey-Han (einer der Referenten) verwiesen: der Nutzer kann hier durch anarchistische Kreativität Grenzen ausloten und letztlich (selbst)aufklärerisch wirken. Zumindest lebt die „Idee des Politischen“ im Spiel weiter … ;-).

Vertrauen baut man langsam auf

Am Freitag haben wir den zweiten Aufbau-Lehrgang beim TTVN in Hannover mit ca. 20 TeilnehmernInnen erfolgreich abgeschlossen. Markus Söhngen und Martin Schmidt haben sich als Moderatoren sehr ins Zeug gelegt, um die vielen Annotierungen, C-Maps und Blogbeiträge zu beantworten bzw. zu kommentieren – das Ghostthinker-Team (Johannes und Stefan) war im Hintergrund und hat vor allem durch technischen Support geglänzt. Bei ca. 1200 Beiträgen ist das nicht mehr so einfach. Am Montag startet gleich der nächste Lehrgang beim WTTV und es wird interessant sein, wie sich die Evaluation beim WTTV vom TTVN unterscheidet (Gleiches Design, unterschiedliche Moderatoren und Teilnehmer). Wenn dieser Kurs ähnlich gut klappt, dann haben wir 2010 Chancen die A-Lizenz-Ausbildung im DTTB mit dem edubreak-SportCampus zu begleiten. Das wäre was!

Man sieht an der ganzen Entwicklung (seit 2008), wie kleinschrittig Lern-Innovationen (als Integral von mediendidaktischen-, medientechnologischen-, curricularen-, verbandsrechtlichen-, finanziellen- und kulturellen Fragen) verlaufen können. Andes herum macht es sehr viel Freude in Bereichen tätig zu sein, in denen die digitalen Medien keinen oder geringen Stellenwert haben, weil man hier die Dinge noch kreativ gestalten kann! Das im Bereich der Sportausbildung (akademisch wie im Verband) noch vieles gestaltet werden muss, sieht man an der aktuellen Dissertation von Leif Eickhoff, die eine Bestandsaufnahme mit (Forschungs-) Perspektiven aufzeigt.

Was war am Anfang?

In meinem Studium hatte ich zu jedem Semesterstart ein Ritual: ich blockte in meinem Wochenplan die Zeit von 15-16 Uhr mit einem roten Band. Zu dieser Zeit kam "Raumschiff Enterprise" und das war für mich wie eine Art Pflichkolloquium.

Gestern Abend saß ich wieder mittendrin: Simon und ich haben uns den neuen Star Trek-Film angeschaut und … es war wunderbar! Ca 100 Vierzigjährige hatten sich versammelt, um zu sehen, wie alles begann. Ich will hier gar nicht näher auf den Film eingehen, auf die spannende Story, die gut gespielten Rollen, die sensiblen Andeutungen der Charaktere, die in späteren Folgen klar hervortreten … man muss ja von hinten denken.

Auf der Rückfahrt versuchte ich die verschiedenen Enterprise-Phasen zu rekonstruieren, wer war Vater vom Sohn, wie hängen die Stories über die Zeit (und mit Zeitsprüngen) zusammen, was ist die Philosophie der Föderation. Für Nicht-Fans ist dies wenig nachvollziehbar, handelt es sich dabei doch "nur" um einen Science Fiction. Für mich sind diese Fime "Modelle", sie zeigen etwas auf spannende und anschauliche Art, z.B. wie Menschen leben oder leben sollten, wie sie mit Konflikten umgehen und wie man sich (inter)kulturelle Ordnungen vorstellen kann und … was natürlich alles technisch noch vorstellbar ist ;-). Man darf sich hier von manchmal platt eingebauten amerikanischen Klischees nicht beirren lassen, sondern zum guten Teil die Filme nur als Anregung zum eigenen Weiterdenken nutzen.

Kaum zu Hause angekommen, dachte ich mir, warum wir in der Schule solche Story-Strategien nicht verwenden, also das Zusammenfügen von Teilgeschichten zu größeren und zusammenhängenden Geschichten. Wer kann mir die Geschichte der Mathematik, der Chemie/Physik oder der Sprachen erzählen? Wie hängen diese Geschichten zusammen? Leider habe ich in der Schule solche Geschichten nicht gelernt, nur Fragmente davon. Und wenn ich aufgefordert werde, mal etwas z.B. zur Geschichte der Physik zu erzählen, dann sind das nur ein paar Mini-Puzzlestücke. Mir geht es also gar nicht um die Geschichte auf der Mikroebene des Unterrichts, sondern um eine Art Lehrplangeschichte (vgl. SAC), die ähnlich wie die Star Trek- oder auch Harry Potter-Geschichte sich zu einem großen, zusammenhängenden, sinnlich fassbaren "Gewebe" ausbreitet. 

Ganz praktisch stelle ich mir eine Schulklasse vor, die von der 5ten Klasse bis zum Abitur ein großes Gemälde anfertigt, in dem die unterschiedlichen Substories integriert sind: als Symbole oder Formeln, als Zeichnungen, als Kurzcomics, als Podcasts oder Fotosammlung oder Videoelement. Wichtig ist dabei der Hintergrund, der diese Einzelerlebnisse in eine größere Ordnung einbettet, z.B. in die Ordnung der Naturgeschichte oder Sozialgeschichte. Dieses "Gemälde" wäre eine individualisierte  Geschichte, gemeinschaftlich erzählt, eine Re-Konstruktion dessen was "ist" und eine kreative Interpretation mit Gegenwarts/Zukunfsbedeutung. Vielleicht kommt man so zu  "kollektiven" e-portfolios, die eine GROßE Geschichte erzählen, wo man sich neugierig fragt: Was war am Anfang? Wie ist es gekommen? Welche Rolle spielen wir in dieser Geschichte?

Mit den Wölfen heulen!

Als Kind hatte ich immer so einen Traum: ich fiel in ein tiefes, schwarzes Loch, in dem mich dann wolfsähnliche Tiere überraschten und mich bedrohten. Ich konnte jahrelang wegen dieser Viecher nicht richtig einschlafen. Eines Tages nahm ich mir vor, ihnen den Kopf – meinen Kopf – in den Rachen zu stopfen, koste es was es wolle. Gesagt, geträumt. Im nächsten Traum steckte ich also trotz schweißtreibender Not meinen Kopf zwischen die großen, weißen, fletschenden Zähne. Plötzlich wachte ich auf und der Traum sollte mich nie wieder einholen. Wenn es mit allen Ängsten doch so einfach wäre. Gestern hatte ich wieder so einen „Traum“. Ich musste oder besser wollte mein erstes Referat auf Englisch vor einem meist englischsprachigen Publikum halten – weiße Zähne, … Sie verstehen? Nun, nach der Vorrede muss ich nun nicht mehr sagen, wie es ausgegangen ist, aber vielleicht einige Ergänzungen liefern …

Kongressort war Besancon (Fort Griffon) eine kleine Stadt im Osten Frankreichs, etwa 6 Fahrstunden von München entfernt. Die AIESEP, eine internationale Organisation im Bereich der Sportpädagogik, hatte hierher eingeladen und ein gemeinsames Abendessen mit Herr Prof. Richartz (Uni Leibzig) am Vorabend zur Veranstaltung versprach eine gute Zeit. Unter dem für mich interessanten Tagungstitel: “Situated Learning, reflective practice and knowledge construction in Physical Education” versammelten sich ca. 80 Forscher aus aller Welt: Neuseeland, Australien, Mauritius, Europa, Afrika, China, Amerika etc. Bei einer solchen bunten Gruppe ist es nicht verwunderlich, dass die Stimmung sehr offen war und man sich mit Deutsch-Englisch-Französichen „Mischübersetzungen“ in den Pausen und zu den Keynotes ganz gut retten konnte.

Ich selber habe über den edubreak-SportCampus gesprochen, damit war ich der Einzige (soweit ich das sehe), der einen mediendidaktischen Akzent setze. Genau hatte ich diesen Titel: Reflective learning in physical education with a multicodal online video tool: A structure genetic approach (J. Piaget) for knowledge transformation" (Abstract). Zentral war also, wie man die Lernchancen im Bereich der Videoannotierung theoretisch besser fassen kann, wobei ich mich im Wesentlichen auf die Strukturgenese, den “semiotischen Akt” (wie Seiler sagt) und das Wechselverhältnis von individueller Kognition und sozialer Partizipation (Perkins) konzentriert habe. Zu meiner Verwunderung haben die Zuhörer alles verstanden (ok, ich habe abgelesen, aber wie!), sie haben mein „great english“ gelobt (es waren Pädagogen!) und vor allem den innovativen, mediendidaktischen Ansatz gewertschätzt. Von diesen „Träumen“ hätte ich gern mehr!

Sehr angetan war ich vom Keynote der franzöischen Professorin Nathalie Gal-Petitfaux (Université de Clermont-Ferrand) die über „situated learning anthropology“ sprach und dabei auf das Verhälnis von „Situiertheit und Handlung“ genauer einging. Leider konnte ich dem Disput zwischen ihr und dem Franzosen Jean-Paul Bronckard nicht mehr ganz folgen (weil auf französisch). Ebenso schade ist es, das sein viel versprechender Vortrag "Apprentissage et dévelopment dans la perspective de L`interactionisme socio-discursif“ erst heute stattfindet, wo ich doch schon wieder in Deutschland bin. Mich hätte das was er sagt interessiert, weil er die Bedeutung der Sprache für situiertes Lernen ins Zentrum seiner Argumentation stellt und das ist im Sportcampus eben auch ein elementarer Faktor. Schließlich: Gefreut habe ich mich über den Kontakt zu Dean Barker, einen jungen Forscher der Uni Basel, der mich zudem zu einer Mitgliedschaft in die AIESEP gewinnen konnte.

Hmm… Was alles passiert, wenn man den Kopf in das Maul steckt.

Das Unsichtbare sichtbar machen

Man kann aktuell einen richtigen Run auf das Thema „Technologien im Sport“ beobachten, z.B. hier (Dank für den Tipp an Alex). Zentral ist dabei die Auffassung, dass Technologien vor allem TrainerInnen dabei unterstützen, den Prozess der Trainingsssteuerung durch Nutzung von Internet und Datenvisualisierung zu optimieren. Derzeit läuft u.a. auch an der Universität Augsburg, Institut für Sportwissenschaft, so ein Vorhaben: „Das DFG-geförderte Projekt ASpoGAMo läuft über 2 Jahre und beschäftigt sich mit der Entwicklung einer neuen Klasse von Sportspielmodellen. Hierbei liegt der Schwerpunkt im Fußball. Mit Hilfe von den Positionsdaten eines jeden Spielers, die aus den Bilddaten eines Spiels gewonnen werden können, werden individuelle Bewegungs- und Aktionsprofile sowie Beanspruchungsuntersuchungen durchgeführt. Auf der mannschaftstaktischen Ebene gehen die Auswertungen in den Bereich der Taktik. Hier werden die Aufstellung und das Verhalten in bestimmten Situationen automatisch analysiert.“

Ich bin einerseits fasziniert von diesen neuen Möglichkeiten der Datenvisualisierung im Sport, werden hier doch Informationen sichtbar gemacht, die sonst implizit im Spiel, hier dem Fußballspiel, eingebettet sind (sowas könnte man sich ja auch im Klassenraum der Schule oder Hochschule vorstellen – pädagogische Pattern, doch bewegt (man) sich in der Schule zu wenig :-). Andererseits gerät bei dieser technologiebasierten Trainingssteuerung der Athlet aus dem Blick, als Person, seine individuellen Kognitionen und Emotionen. Hier glaube ich, kann man aber noch viel heben, vielleicht mehr, als der weiche Titel „Reflexion“ zunächst erwarten lässt.

Was kann die (Trainings-)pädagogik in diesem Zusammenhang leisten? Die Grundidee des Web 2.0 bietet neue Möglichkeiten der reflexiven Trainingssteuerung (vgl. auch die aktuelle Tagung der AIESEP), denn durch die Nutzung z.B. von Weblogs, Videoannotierungen und Tagging ergeben sich neue Lernoptionen für die Spieler! Eigene Vorstellungen (und emotionale Zuschreibungen) werden artikuliert mit anderen getauscht, kritisiert oder verstärkt. Der gesamte Prozess des Groundings fände nicht nur auf dem Platz, sondern als komplementäre Ergänzung im virtuellen Raum statt.

Mich interessiert in diesem Zusammenhang die (theoretische) Frage, wie das System Mannschaft auf dem Platz gesteuert wird – dezentral? Wo sitzt hier die Intelligenz – verteilt? Ich behaupte (als These), dass es so etwas wie eine „verteilte Kognition“ ist, die das System der Mannschaft „führt“. Können da Werkzeuge aus dem Bereich des social software helfen? Hat eine erhöhte Reflexionskompetenz der Spieler einen positiven Einfluss auf das Spielgeschehen? In welchem Verhältnis stehen individuelle Reflexion und „kollektive oder soziale“ Reflexion? Steht die noch unbestimmte kollektive Reflexion mit der verteilten Kognition von Huchins in einem Zusammenhang? Stülpt man dem Sport (als primär? körperliche Bewegungsdomäne) etwas Fremdes über? … Ich merke, ich habe mehr Fragen als Antworten. Aber spannend diese Fragen ich finde.

Naturwissenschaft entdecken! – Der Film

Auf Lehrer online gibt es einen sehr schönen Film zum Projekt Naturwissenschaft entdecken!. Kurzweilig werden dort Projektergebnisse und Kontexte vorgestellt. Unser Projekt Tech Pi und Mali Bu ist auch dabei. Frau Datz, Gabi und Richard Heinen geben treffende Kommentare. Ich bin gespannt, wie sich das Projekt ab 2009 weiterentwickelt.
Erfreulich ist, dass auf der Seite der Wissenschaft die Anzahl der Bachalor- und Masterarbeiten zu TechPi und Mali Bu bzw. Narration mit digitalen Medien wächst. Doch wo kann die Reise mit den beiden Protagonisten hingehen? Erweitern könnte man den narrativen Ansatz durch einen Spieleansatz, der ja gerade in der Grundschule Potential bieten würde.

Spiele? Ja, denkbar wäre einerseits ein kleines Adventure Spiel zu entwicklen mit Techpi und Mali Bu; Frank Cmuchal, Johannes Metscher und Marco Rosenberg stehen hier in den Startlöchern :-). Andererseits kann man den Spielgedanken auch ausserhalb des PC weiterführen, z.B. durch angepasste Rollenspiele. Bei der wissenschaftlichen Untersuchung von Monika Gröller konnte man die Richtung beobachten, in der ein narratives Rollenspiel gehen kann: Kinder schlüpfen in die Rollen, die ihnen durch Film (oder Adventure Game) vorgegeben werden und entwickeln diese Rollen dann weiter, lösen mit ihnen Probleme, sind kreativ tätig. Ich bleibe an dieser Stelle noch allgemein. Ziel sollte es aber sein, die durch die Narration (als Produkt) angestoßene Faszination für ein Problem (Klima, Regenwurm, Information etc.) mit explorativen und problemlösenden Formen des Spiels zu verbinden und dabei das eigene Erzählen als komplementären Modus des Spiels einzubauen.

Sind Pattern Analogien? Entwurfsmuster zwischen (kreativem) Entwurf und (wiederkehrendem) Muster

Heute habe ich mir den Vortrag von Christian Kohls bei e-teaching.org angesehen bzw. angehört. Die kompakte Darstellung zur Frage, was Pattern/Entwurfsmuster sind und wie man sich den Mehrwert genau vorstellen kann, ist kurzweilig und klar. Beim Referat sind mir aber doch einige Fragen aufgekommen, die ich hier zusammenfassend darstellen will. Dabei ist das (wieder) zentral, was ich bei Peter angemerkt hatte: die Rolle der Analogie als Erkenntnisverfahren im Kontext der noch jungen Patternforschung. Ich greife zunächst Christians Hauptbotschaften auf und mache dann meine Anmerkungen.

Christian definiert Pattern als „wiederkehrendes Muster“. Das sind Beschreibungen von mehrfach zu beobachteten Zusammenhängen zwischen Kontext-Problem-Lösungs-Sequenzen, wobei ihm der (vom Menschen) gemachte Entwurfs- bzw. Designcharakter wichtig ist. Neben Architektur (eingeführt von C. Alexander) sieht Christian den Mehrwert des Patternansatzes für die Softwareentwicklung und schließlich für die Didaktik/das E-Learning.

Um den Patternansatz für den ZuhörerIn anschaulich zu machen, führt Christian in eine (ausgewachsene) Analogie ein: Er zeigt an einer Landkarte, dass ein Wanderer einen „richtigen Weg“ (Ziel) finden kann, d.h. mit unterschiedlichen „Wirkkräfte“ und „Widerstände“ konfrontiert ist (Probleme), wenn er von einem bestimmten! Punkt A (Kontext) zu einem Ziel B (Lösung) gelangen will.

Und hier kommt gleich meine erste Frage: So sehr ich den Wert von Analogien als heuristisches Erkenntnisverfahren und Veranschaulichungsmittel mag, muss man doch bei der Zielsetzung des Transfers, nämlich den Gebrauch für die Didaktik, festhalten, dass die topologische Struktur der Landkarte sich durch drei Merkmale auszeichnet. Sie ist: invariant, ahistorisch und nicht intentional. Das sind aber drei wesentliche! Beschreibungsmerkmale von didaktischen Settings. Mir liegt fern, Christian zu unterstellen, er habe das nicht bemerkt. Mir selber ist dieser Punkt deshalb so wichtig, um schon sehr früh auf die Besonderheiten (strukturerhaltende Differenzen!) von Mustern zwischen den Einsatzkontexten (Architektur, Software, Didaktik) hinzuweisen – Analogien verleiten dazu, dass man zwar das allgemeine Muster, die allgemeinen Systemmerkmale erkennt, das Besondere aber in der Regel (zu) wenig beleuchtet.

Genau hieran schließt sich eine Aussage von Christian gegen Ende des Vortrags an, wo er sagt, dass das Erkennen von Mustern im Bereich der Softwareentwicklung (Observer) relativ leicht fällt, während sich Pattern im Kontext der Didaktik (sog. Lernpattern) sich durch „Flüchtigkeit, fließende Übergänge und Unsichtbarkeit“ auszeichnen. Leider geht Christian auf diese systemtypischen Merkmale nicht weiter ein, sondern ist zuversichtlich „auch im Bereich E-Learning“ solche Muster wie die der Observer finden zu können, wie u.a. die Beispiele bei e-teaching.org zeigen. Wichtig sei, die „Essenz“, das „Wesentliche“ aus einem Lernsetting herauszuholen und dieses durch Pattern zu beschreiben.

Nachdem ich mir die Beispiele von Christian angeschaut habe, bin ich mir einigermaßen sicher was mich an diesem Ansatz (so wie ich ihn bisher verstehe) stört: die Herauslösung von a l l g e m e i n e n Mustern (das ist doch mit Essenz gemeint!?) führt letztlich zu rel. einfachen (weil kontextunspezifischen) Handlungsregeln, die man über die didaktischen Settings hinweg einsetzen kann. Für mich ergibt sich damit die zentrale Vorgehensfrage: Ist das Wesentliche (in der Didaktik!!) das Allgemeine oder das Besondere oder eine noch zu spezifizierende „Mischung“ aus diesen beiden Quellen? Das meinte ich bei Peter, als ich nach der Q u a l i t ä t  der  p ä d a g o g i s c h e n Pattern fragte.

Sicherlich war Christians Hinweis, „Beispiele vor der Onlinevorlesung vorzubereiten“ nicht glücklich gewählt, da es erstens nicht immer so sein muss (Beispiele lassen sich unter einer didaktischen Perspektive auch sinnvoll ad hoc entfalten) und zweitens ist eine gute Vorbereitung zur Verhinderung von unnötigen Pausen oder Redundanzen fast schon eine Sekundärtugend ;-).

Im letzten Absatz will ich noch einmal auf das Verhältnis von „allgemein und besonderen“ zurückkommen und hier den Akzent in Richtung kreativen Entwurf (das Besondere) und der Anwendung von wiederkehrenden Mustern (das Allgemeine) ins Auge fassen. Friedrich Hesse hat in seiner Habilitationsschrift das Thema „Analoges Problemlösen“ bearbeitet. Er distanziert sich von einer reinen regelorientierten-schemainduzierten Strategie zugunsten eines zumindest komplementär wirksamen, exemplarorientierten Vorgehens (Hesse, 1991, 199ff). Was hat das mit Pattern zu tun? Ich sehe Parallelen zwischen dem Bemühen der Patternforscher und den Analogieforschern: beide gehen zunächst von verallgemeinerten Mustern aus (Schema; Musterübereinstimmungsprüfung = mapped indentity bei Gick & Holyoak). Struktur-, System- oder Prozessanalogien sind nichts anderes als stabile oder dynamische Muster einer „Kontext-Problem-Lösungs“-Sequenz oder -Einheit oder auch einer dynamischen Konfiguration. Um diese aber in einem anderen pädagogischen „Fall“ als relevant einzustufen und fruchtbar anzuwenden (wie in der Didaktik tägliche Praxis), muss man die Ähnlichkeit erkennen, Teile des Lösungsschemas übertragen und Teile aus dem Beispiel, dem neuen Fall, extrahieren. Letztlich geht es darum, dass man mit der „analogen Krücke“ (dem Pattern) den neuen und immer wieder besonderen, weil historisch einmaligen und intentional aufgeladenen Fall (kreativ) neu entwirft.

Was wäre, wenn wir das Augenmerk bei pädagogisch-didaktischen Pattern neben den allgemeinen Mustern auf die strukturellen Differenzen (structure preserving differences) legen, also auf das, was den je eigenen Fall vom anderen Fall unterscheidet (eben nicht das analoge Muster)? Das klingt wenig wissenschaftlich, ich weiß. Aber die Lehrenden und die, die es werden wollen, schützt man mit einer solchen Strategie vor rezeptartigen Empfehlungen und sie gewinnen mit der Zeit ein Gespür (Kompetenz?) für die zentrale Aufgabe: den besonderen Fall als solchen zu erkennen, daraufhin besondere, d.h. kreative und situationsangemessene, Handlungsmuster zu entwerfen. Letztlich ist das etwas für Künstler und Jongleure und nicht für Wissenschaftler und Architekten ;-) … oder?

Fazit: Die Rolle der Analogie (Möglichkeiten & Grenzen) ist im Kontext der Patternforschung aus meiner Sicht wichtig und zwar in zweifacher Hinsicht:

  • Bei der Transferleistung aus der Architektur/ Softwareentwicklung ins didaktische Feld (materiale-, soziale-, mentale- Wirklichkeit).
  • Bei der Bestimmung der Reichweite des Patternansatzes innerhalb des didaktischen Feldes (Pattern als analoge Problemlösung).

Pattern in der Pädagogik und implizite Ordnung

Eher zufällig bin ich in eine Diskussion zu Pattern hineingestolpert, die Peter Baumgartner (hier) in seinen Blog „angestiftet“ hat. Ausgangspunkt war ein Besuch von Peter in Tübingen, wo er Ergänzungsbedarf gerade in Hinblick auf eine (wissenschafts-)theoretische Verankerung des Themas gesehen hat und sieht. Unter den Begriff des „Entwurfsmuster“ möchte Peter den Pattern-Ansatz für die Pädagogik/Didaktik fruchtbar machen, wobei es ihm besonders um ein dynamisches Verständnis geht, d.h. um die Bedingungen für pädagogisch wertvolle Konfigurationen.

Mit dem Wort „Konfiguration“ ist dann auch der Auftakt zu einer eher beschwerlichen Diskussion angesprochen, die noch eine ganze Reihe weiterer philosophisch aufgeladener Begriffe beinhaltet (hier). Wer also gleich am Türeingang das Ziel oder gar einen konkreten Nutzen erwartet, der dürfte enttäuscht werden.

Was also erwartet man, wenn man sich mit Begriffen wie Emergenz, Supervenienz, Ozillation oder Kohärenz beschäftigt? Bei mir selber ist es so, dass sie zunächst reizvoll klingen weil sie auf eine „tiefer liegende“ Ordnung verweisen (siehe unten). Das klingt ganz nach Weltformel und wahrscheinlich ist es diese Sehnsucht nach Einheit, die das (meist) männliche Entdeckerherz ;-) höher schlagen lässt.

In den bisher gemachten Blog-Kommentaren von Peter, Christian und Gabi wird deutlich, dass die Diskussion auf recht unterschiedliche Niveau, vor allem aber mit einem unterschiedlichen Interesse geführt wird. Derzeit sehe ich Peter, der von den o.g. Konzepten beflügelt ist, Gabi geht auf kritische Distanz und stellt den Nutzen in Frage, Christian versucht (zunächst) die pädagogische Ausgangsfrage (vor einem informationstechnischen Hintergrund) zu präzisieren.

Aus meinen bisherigen Kommentaren in Peters Blog wird nicht klar, in welche Richtung ich gern weiter denken möchte: Einerseits kritisiere ich den bisherigen Pattern-Ansatz, weil er unspezifisch bleibt und von der Anlage her das Allgemeine sucht, was das Besondere der Bildung verfehlen kann. Andererseits gefällt mir die Diskussion mit schwindlig hohen Konzepten, weil der analoge Blick andere Perspektiven freilegt, die man sonst nicht sieht. Da ich mich in letzter Zeit intensiver mit dem Buch von T.B. Seiler beschäftige, interessiert mich eine genuin psychologische Perspektive (siehe hierzu auch Gabis Buch Wissenswege). Interessanter Weise spielen für Seiler die Konzepte Supervenienz und Emergenz auch eine Rolle und zwar im Zusammenhang mit dem Bewusstsein. Und von hier aus gedacht: Welche Spezifika und Invarianten lassen sich z.B. beim Konzept der Emergenz feststellen, wenn man den Kontext der Anwendung wechselt? Wenn man z.B. Bewusstseinsphänomene auf der einen und didaktische Settings auf der anderen Seite in den Blick nimmt oder gar organsiationale Effekte beobachtet?

Ich befinde mich mit solchen Fragen weit ab von dem, was meinen Alltag als Unternehmer ausmacht … oder nicht? Einerseits ja, weil das Nachdenken über Emergenz (noch) nicht von Kunden bezahlt wird. Andererseit- so meine ich – helfen mir solche Konzepte bei der Gestaltung und Begleitung von Lernwelten: gar nicht mal im positiven und verfahrenstechnologischen Sinne, sondern eher in dem Sinne, dass ich die Grenzen des unmittelbar Gestaltbaren (und Denkbaren?) besser akzeptiere und dabei eine „Ressource“ vermehrt ins Spiel bringe, die ich für wesentlich halte: Vertrauen. Wer Lernen, gar ein neues, weil technologiebasiertes Lernen initiieren und begleiten will, der muss im Kontext seiner Tätigkeit Angst und Misstrauen reduzieren oder positiv gewendet, Vertrauen in (neue) Technologien, (neue) Rollen und (neue) Lerneffekte stärken, eine gemeinsame Sprache fördern ohne Unterschiedlichkeiten zu übergehen. Nur wenn diese wichtige Randbedingung im Kontext der Didaktik erfüllt ist, glaube ich, wird das wahrscheinlich, was man weiter oben mit Emergenz u.ä. einzufangen sucht.

Die neue Frage ist nun: Was heißt „Vertrauen schaffen“ aus einer Emergenz- oder Kohärenzperspektive? Einerseits denke ich da (wie schon öfter erwähnt) an Michael Lissack, der z.B. in seinem 2002 veröffentlichten Herausgeberband „Interaction of Complexity and Management“ vor allem die Bedeutung der Sprache für die Schaffung von Kohärenz (komplexe Stimmigkeit) im Individuum, Team und Organistion hervorhebt. Deshalb spielen für ihn z.B. Stories, Metaphern, Analogien überhaupt die Beschäftigung mit mentalen Modellen eine wichtige Rolle.

Und andererseits … Ja, ich denke beim Thema "tieferliegende Ordnung" an David Bohm, an seine „implizite Ordnung“, an sein Einführungsbeispiel mit den zwei Glaszylindern mit der viskosen Flüssigkeit, den bunten Farbtropfen, die sich bei jeder Drehung in die „Ganzheit“ der Flüssigkeit eindrehen und bei der richtigen Anzahl der Rück-Drehung „aus dem Nichts“ zum Vorschein kommen (genaue Beschreibung hier). Ich hänge seit meiner ersten Didaktikprüfung 1992 an diesem Beispiel, bin fasziniert von der Idee der Ein- und Ausfaltung der Wirklichkeit, hierzu Bohm: „Man kann dadurch einen vorläufigen Eindruck von der Einfaltung bekommen, daß man sich ein Stück Papier vorstellt, es in der Vorstellung mehrere Male faltet, Nadeln in das Papier sticht, es einschneidet und entfaltet. Man erhält so ein Muster. Also liegt das Muster zunächst eingefaltet und dann entfaltet vor.“ Wenn man nun diesen Musteransatz dynamisiert, dann kommt man zu dem was Bohm „Holobewegung“ nennt: „Mein Vorschlag ist nun, daß die Holobewegung die zugrundeliegende Wirklichkeit darstellt, so weit wir dies überhaupt sagen können, und daß alle Einheiten, Objekte und Formen, wie wir sie normalerweise kennen, relativ stabile, unabhängige und autonome Ausprägungen der Holobewegung darstellen, so wie ein Strudel eben eine solche Ausprägung des Fließens einer Flüssigkeit ist."

Kommt man von diesen analogen Vorstellungen wieder zu den Grundfragen der Didaktik/Pädagogik zurück? Was hat man erreicht, wenn man Wirklichkeit als untrennbare „Holobewegung“ interpretiert? Hat das gar Auswirkungen auf unser Verständnis von Subjekt und Objekt (Fragmente), Bewusstsein und Materie, auf unsere Sprache und das gegenseitige Verstehen, auf den (nicht psychologischen!) Grund, WARUM wir Vertrauen haben können?

Ich befinde mich in Grenzgebieten, … aber ich vermute hier eine Verbindung zu dem, was Peter zu den Ganzheitskonzepten von Christopher Alexander zusammengetragen hat.