Frankfurter Buchmesse: e-Comics, Analphabetismus und andere Überraschungen

Gestern war ich zusammen mit Gabi zum ersten Mal auf der Frankfurter Buchmesse. Ich wusste, die Messe ist international, ich wusste, es gibt viele Bücher und Verlage, aber von der tatsächlichen Größe war ich überrascht! Im Grunde hatte ich  zwei spezifische Interessen im Vorfeld: (a) einen Verlag für unser TechPi-Projekt zu finden und (b) zu schauen, welche Entwicklungen im Bereich e-Book, Buch-Internet Verschmelzung und mobile Anwendungen derzeit laufen. Letztlich haben mich aber zwei Themengebiete besonders angezogen:

Zum Bereich „Comic“ gibt es eine ganze Halle mit Ausstellern, angefangen vom klassischen Kinderbuch à la „Der dicke Bär“ bis zu Hochglanz-Mangas, Audio und Video inklusiv. Sehr interessant war das Comic-Forum mit Vertretern aus der Comic- und Verlagsszene. Der Punkt „e-Comic“ wurde kontrovers diskutiert; man experimentiert mit dem richtigen Trägermedium (Handy, Smartphone etc.) und neuen Darstellungsstilen (lineare Darstellung, Großaufnahmen, audiounterstützt). In Deutschland hat man vor allem das Problem, dass Comics nicht so angesagt sind (bei Erwachsenen) wie z.B. in Frankreich und das in Deutschland der Anteil an Smartphone mit großem Display noch gering ist. Zudem ist die Nutzung des Internets via Handy/Smartphone in Deutschland noch gering ausgeprägt, anders ist das z.B. im asiatischen Raum, wo viele Jugendliche das Internet vom Handy aus nutzen und nicht via PC. D.h., dem größeren Einsatz von e-Comics für Bildung und Vergnügen stehen sowohl technische als auch kulturelle Barrieren entgegen. Schließlich, darüber wurde in dieser Runde gar nicht diskutiert, ist man in der Entwicklung von didaktischen Szenarien noch nicht weit, was die (interaktive) Nutzung von e-Comics angeht z.B. für Schule, Berufsbildung aber auch Entwicklungszusammenarbeit.

Recht angetan war ich von einer kleinen Podiumsdiskussion zum Thema Analphabetismus vom alphabund. Mir war das Thema in Verbindung mit e-learning aus einer früheren Diskussionen mit Gabi bekannt. Aber wenn dir ein Mann gegenübersteht, der sich schwer artikulieren kann, nach Worten ringt und voller Stolz sagt, dass er den Hauptschulabschluss geschafft hat und jetzt begierig weiterlernen WILL, dann wird die Not aber auch das Potenzial hinter dem Begriff sichtbar. Gerade das engagierte Nachgespräch mit Frau Elfriede Haller vom Bundesverband hat mich dazu motiviert, mehr über dieses Thema zu erfahren bzw. uns in dieses Feld einzubringen. Mal sehen, Anfang November ist eine Fachtagung, wo ich den Austausch zum Einsatz von „Video, Web 2.0, Narration“ für die Aus- und Weiterbildung, aber auch für Fußballprojekte suchen werde. Fußball? :-) Ja, da gibt es in der Tat mehrere Projekte, die unter dem Titel „Fußball trifft Kultur“ laufen. Mal sehen, ob wir da für 2010 was auf die Beine stellen können.

Europa muss durch den Bauch gehen

Am Donnerstag war ich mit Tamara Specht (Uni Augsburg) auf der BIBB-NA-Jahrestagung vom Programm Leonardo da Vinci in Bonn, Bad Godesberg, um dort unser neues EU-Projekt „Fahrschulausbildung“ zu vertreten (Ghostthinker). Es ging um Grundsätzliches wie Pflichten aller Partner und Finanzen. Fazit: Neben ein paar noch zu meisternden Vertragsmodalitäten gilt die Devise: sparsam, wirtschaftlich, transparent … und erfolgreich soll es sein.

Das Abendprogramm verlief zunächst etwas zäh: in einem Einstiegsreferat wollte uns Herr x die Glücksformel näher bringen, Dopamin hieß das Zauberwort, die Drüse für den Neurotransmitter liegt irgendwo in der Mitte des Kopfes und ist dann aktiv wenn wir neugierig sind. Na prima! Neugier-Dopamin-Glück. Das liegt nicht weit von: „Der Mensch ist nur da ganz Mensch wo er spielt.“ … nur ohne Biochemie ;-). Trotz vieler interessanter Querverbindungen im Referat hat mich das nicht vom Hocker gehauen. Wahrscheinlich fehlen mir am Ende solcher Referate die politischen Konsequenzen: Was soll, muss man tun um die Bildungsinstitutionen vor dem Dopaminmangel zu retten? 

Der Abschluss des Abends war toll. Aufgefahren wurden acht kulinarische Thementische aus 8 Ländern: Deutschland, Frankreich, Bulgarien, Schweiz, Österreich etc. Also ein sehr leckeres Essen mit ländertypischen Desserts. Man kam schnell ins Gespräch mit dem Nachbarn, über Ländersitten und Kochkünste. Ich dachte mir: Vielleicht müssen wir mehr in Richtung „sinnlich wahrnehmbares“ Europa tun, um die pädagogische Aufgabe "Vielfalt in der Einheit" zu meistern. Mit sinnlich meine ich aber nun gerade nicht einen Ausbau in Richtung „Schweinshachse & Smörrebröd“, sondern die Projekte müssen eine Stimme bekommen. Ich weiß noch nicht genau wohin das führen soll, was ich mit „Stimme“ oder projektverankerter „Sinnlichkeit“ meine: z.B. fand ich es sehr gut, dass am Abend Schüler und Auszubildende aus dem Programm „Mobilität“ zur Wort kamen, also darüber sprachen was sie im Ausland gemacht haben, welche Schwierigkeiten und positiven Erlebnisse es gab. Diese „Stimmen“ von Betroffenen dürfen nicht in glattgeschliffenen Berichten verschwinden, sondern brauchen vermehrt Bühnen: auf ebensolchen Tagungen, in eigenen Portalen, in Schulen etc. Ein solches „Stimmenkonzert“ hilft uns vielleicht dabei, Europäer (jenseits des Wirtschafts- und Finanzraums) zu gewinnen und Europa als p ä d a g o g i s c h e Aufgabe (noch) genauer in den Blick zu nehmen.

Die Kunst des twitterns oder … wissen wann man schweigt

Im Nachgang zur GMW Tagung 2009  (bei der ich selber nicht anwesend war) bin ich etwas durch das Netz gestolpert und habe einen kurzen Beitrag auf dem e-learning Blog der Uni Frankfurt hinterlassen. Claudia Bremer stellte dort den ersten Beitrag mit dem Titel "Tagung 2.0: Nachdenken über die Nutzung von Web 2.0 auf Tagungen und Konferenzen" zur Verfügung. Was eher zufällig und knapp startete, wuchs sich zu einem langen und kontroversen Diskussionsstrang aus, indem vor allem Christian Spannagel, später auch Mandy Schiefner (neben mir und anderen) beteiligt waren. Die asynchrone Diskussion mit teils etwas "großkalibrigen" ;-) Argumenten hat mir Spaß gemacht, … ja, Kontroversen machen Spaß, wenn der Ton stimmt und die Beteiligten auch mal bereit sind über Tage eine Sichtweise zu verteidigen. Ich würde sogar soweit gehen und Mandys (in Verlängerung auch Gabis) Abschluss-Plädoyer in Frage stellen: Ist die Vermeidung von Grabenkämpfen immer der beste Weg? Klar, Grabenkämpfe nicht als Ziel/Zweck, aber so ein bisschen "Graben" hilft doch sehr seine Position zu finden, das ist ein Prozess. Man muss freilich aufpassen, dass aus diesem Grabendiskussionen (kämpfen ist nicht die richtige Metapher) böses Blut erwächst, Teilung stabilisert wird, Ideologien entstehen. Deshalb bin ich froh, das Mandy erst am Ende mit Versöhnungsvorschlägen kommt, wie, wann in welcher Form twittern produktiv ist. Fazit: Sportliches Gerangel um eine neue Tagungskultur bzw. Tagungsformate.

Treibhäuser, Keimzellen, Brutstätten!

Das Projekt "Bildungsexpedition" von Lutz Berger und Christian Spannagel ist toll, aus vielen Gründen (direkt, vor Ort, authentisch, verlinkt, erfrischend anders etc.). Heute bin ich beim Video der Bremer hängen geblieben. Thomas Bernhardt, Karsten Wolf und Helge Staedtler helfen bei einer kurzweiligen Diskussion mit teils kontroversen ;-) Ankern: Lehrerbildung und Medien, Bloggen und Motivation, Reviewkultur, Assessementkultur, Ideenklau oder Synergien, Web 2.0 und Diffusion in andere Kontexte (Baustatik), Twittern,  Web-Avantgarde. So könnte Bildungsfernsehn ausehen!

E-Learning im Sport: Wir bleiben am Ball!

So, der Hochschultag (16-18.09.2009) der Deutschen Gesellschaft für Sportwissenschaft (dvs) in Münster ist vorbei (leider parallel zur GMW)! Ich selber war am Donnerstag und Freitag anwesend und konnte mir so einen Eindruck vom Gesamtentwurf der Tagung machen. „Münsteraner Schloss“, Keynotes von den Professoren Spitzer, Nida-Rümelin, Rauschenbach und Terhard und 700 Teilnehmer sind Eckwerte für eine gelungene Tagung auf die die Herren Neuber und Krüger (Organisationsleitung) + Team stolz sein können.

Die Tagung habe ich unter dem Fokus „E-Learning“ besucht – klar. Obwohl ich weiß, dass das mediengestützte Lernen wohl aufs Erste in der Sportwissenschaft ein Nischenthema bleibt, fanden sich in Münster doch immerhin vier (versprengte) Arbeitskreise, die sich mit dem Thema beschäftigten. Für 2010 wäre es toll, wenn man einen einzigen Arbeitskreis daraus macht um überhaupt mal die Menschen kennenzulernen, die sich in Deutschland mit E-Learning im Sport beschäftigen. Genau das (Kennenlernen) war auf dem Kongress nämlich nicht gut möglich (außer im Kaffeezelt), denn die Organisatoren hatten viele Arbeitskreise parallel laufen lassen, sodass man sich für A oder B entscheiden musste, obwohl C und D auch interessant gewesen wäre. Also: 2010 gibt es einen Arbeitskreis „E-Learning im Sport: didaktische Einsatzszenarien in Schule, Universität und Verband“ … oder so ;-).

Unser eigener Arbeitskreis „Vom Web 2.0 zur Sportpädagogik 2.0“ (Andreas Hebbel-Seeger und ich) war pappenvoll. Ne Quatsch, schön wärs gewesen. Immerhin haben wir aber vor 10 interessierten Zuhörern gesprochen; Andreas online zugeschaltet aus Hamburg via Adobe und Marco Danisch und ich selber live vor Ort. Im Ergebnis war ich zufrieden mit dem AK, nicht weil wir eine Sportpädagogik „2.0“ aus dem Boden gestampft haben (was sollte das auch sein?), aber doch weil wir die versprochen Beispiele für die Umsetzung des Web 2.0 Ansatzes in der Sportpraxis zur Diskussion stellen konnten. Mit meinem Beitrag „WIE Bildungstechnologien die Trainerausbildung verändern – Transferpotenzial für die Sportpädagogik?“ wollte ich zeigen, welche Veränderungen in der (Verbands-)Praxis faktisch möglich sind um von hier aus zu fragen: Was will, kann, muss die Sportpädagogik aufnehmen? Dabei merke ich immer mehr, wie fruchtbar BEISPIELE sind, denn genau darüber kommen die Teilnehmer ins Gespräch (theoretisch wie praktisch), was Ziel und Zweck dieser Zusammenkunft ist.

Fazit: Wir brauchen im Sport und Sportwissenschaft einen Raum, eine Bühne für die fragmentierte E-Learning-Diskussion. Das kann über den Deutschen Olympischen Sportbund und/oder über die Deutsche Gesellschaft für Sportwissenschaft bzw. Sektion Sportpädagogik? organisiert werden. Der Fokus muss auf der Didaktik liegen, denn sonst erzeugt man bei Bildungskollegen (so mein Eindruck) keine Resonanz. Vielleicht sind auch die Landessportbünde der richtige Ort, um über neue Formen der Aus- und Weiterbildung zu sprechen, mal sehen, wir bleiben auf jeden Fall am Ball ;-).

Fernausbildungskongress der Bundeswehr – Eindrücke

Am Mittwoch und Donnerstag war ich in Hamburg auf dem Fernausbildungskongress der Bundeswehr. Von meinem ersten Besuch 2004 wusste ich, dass dort sowohl Militärs als auch zivile Besucher zum Thema E-Learning zusammenkommen. Das führt –  oberflächlich betrachtet – zu einem speziellen Bild der Tagung: Einerseits sieht man recht viele „Rockträger“, also Uniformierte aller Gattungen und Offiziersstufen, andererseits zeigen viele Aussteller aus dem Bereich (Kampf)- Simulationssoftware ihre Produkte, wie man es z.B. von der Learntec kennt. Soweit zum visuellen Eindruck.

Mittwoch Nachmittag saß ich in einem interessanten Workshop zum Thema „Entdeckendes-spielerisches Lernen in neuen, virtuellen Welten“ (Dr. Weller). Dort hat der erste Referent (der Name ist mir entfallen) Eckwerte zu einem geplanten Projekt vorgestellt, indem es inhaltlich um den Bereich Sanitäter/Notarztausbildung gehen soll. Augenfällig an der „Machbarkeitsstudie“ war der starke Fokus auf IT-Fragen: Nutzung von Java oder Flash, Rechtesysteme, Sicherheit, welche Programmier-Engine nutzen wir? Aus meiner Sicht relativ blauäugig (Herr Wiemeyer von der TU Darmstadt hat im Folgereferat auch darauf hingewiesen) wurde mit der zentralen Herausforderung des Storydesigns und Gameplay umgegangen: Wer bereitet die Inhalte aus dem Fachkontext für welchen Zweck auf (geht es um Üben, Spielen, Lernen?), wer ist die genaue Zielgruppe (Männer, Frauen etc.), welche Spielidee/Strategie liegt zugrunde, wie sieht das übergreifende Lernkonzept aus, indem die Game-Komponente eingebettet ist etc. Vielleicht war das nicht der  Referatsschwerpunkt (der Kollege war IT-ler), ich weiß, aber aus dem Projekt von Frederik Adler weiß ich, wie aufwändig z.B. das Konzept zum Game Play ist, so dass der ganze Summs auch funktioniert, spricht MACHBAR ist (= Machbarkeitsstudie).

Am Donnerstag Vormittag konnte ich mir die Referate eines amerikanischen Militärs (Joseph Camacho), zweier Vertreter der Bundeswehr (Brigardegeneral Kloss und Barth) und Gabi (Reinmann) anhören. Ich muss klar sagen, dass die ersten drei Referate für systeminterne Zuhörer, also Vertreter des Militärs, gedacht  waren, denn: Da ging es fast ausschließlich um Organigramme (wo ist das Projekt  aufgehangen, Budgetwerte), abstrakte und austauschbare Zielformeln (Qualität, Effizienz, 24/7, global, etc.) und Militärbeispiele, die in ihrem Inhalt unscharf blieben (story telling, game based, Individualisierung). Kurz: spannend sind die Geldsummen, die in diesem Bereich bewegt werden, unpassend für eine wissenschaftliche Tagung – so meine ich – waren die Vorträge der Militärs, weil darin weder Theorie noch Empirie noch bildungspolitische Rahmungen zur Sprache kamen. Gerade Letzteres hätte mich in dieser Domäne sehr interessiert!

Gabis Keynot war gegenüber den Vorreden wissenschaftlich anspruchsvoll. Ihre Frage, „Wie praktisch ist die Universität?“ ist zunächst eine hochschulpolitische Provokation! Darf man heute noch nach dem Zweck der Universität fragen? Wir sind doch auf einem guten Weg, oder? Mit den beiden Prämissen „Berufsausbildung“ und „Berufsvorbildung“ knüpft sie an eine alte Diskussion an, verbindet diese aber mit dem theoretischen Konzept des situierten Lernens (Hudchins, Wenger) so, dass das forschende Lernen zu einer neuen „Praxis“, eben das der Wissenschaft, wird. Gegenüber dem Ausgangskonzept erweitert sich das situierte Lernen an der  Universität um ein Erkenntnisinteresse, eine kritisch-reflexive Haltung und individuelle  Autonomie. „Praxis“ an der Universität ist also nicht primär ein stimmungsvolles Aufgehen in der Situation, sondern (das ist die Modifikation) auch Distanznahme, Sachbezug … und Einsamkeit  (obwohl sie das so nicht ausdrückt).

Das klingt altmodisch und Gabi wird in der Tat nicht müde, die alten Tugenden gegen ein sog. Lernen 2.0 in Stellung zu bringen, indem der Einzelne sich seiner Verantwortung (vermeintlich) entzieht. Vielleicht ist das von ihr ein übertriebener und ungerechtfertigter (Bildungs-)Reflex gegenüber aller Begeisterung der 2.0ler in Richtung Emergenz & Schwarm. Wir wissen ja: man erkennt den Gebildeten daran, dass er seine Sache mit Leidenschaft verteidigt ;-). Nun greift Gabi am Ende des Referats aber doch auf  Werkzeuge des Web 2.0 zurück: Blogs, Wikis oder E-Portfolios sollen beim forschenden und situierten Lernen helfen, sie sollen einen dabei unterstützen wissenschaftstypische Fragmentierungen (zeitlich, räumlich, inhaltlich) in eine Art (mentale und materialisierte) Kohärenz zu überführen. Dreht sie sich am Ende im Kreis? Nein, man muss trennen zwischen der Ziel- und Zweckdimension und der Umsetzungs-Methodendimension. Im ersten Fall ist Zurückhaltung gegen eine 2.0.Philosophie angeraten, im zweiten Fall darf man nicht nur 2.0-Werkzeuge nutzen, sondern soll damit experimentieren, will man das forschende Lernen unter eine situierte Perspektive mit digitalen Medien stellen.

Wie immer (ich vermute es wird noch schlimmer) bieten Gabis Referate keine leichte Kost. Vor allem die „Lösungsperspektiven“ werden gegenüber früheren Referaten ambivalenter. Warum? Weil sich hochschuldidaktische Probleme der Universität nicht (allein) didaktisch lösen lassen und der Rückgriff auf politische Prämissen (wie sie es tut) zu normativen Fragen führt, um die sich vorzüglich streiten lässt (z.B. Zweck der Universität). Ich bin gespannt auf 2010. Wie politisch wird die E-Learning Szene werden? AUS/ BILDUNG/ HANDELN – so der Titel des Fernausbildungskongresses – bot dazu schon mal ein gutes Wortspiel.

EU-Antrag wird gefördert: Fahrlehrerausbildung

* Sehr gefreut habe ich mich über die Zusage der EU-Kommission, dass unser Antrag „Driver Instructor Education 2.0“ (Antragsteller Ghostthinker) im Rahmen des Leonardo da Vinci Programms „Innovationstransfer“ gefördert wird. Zusammen mit der Universität Augsburg (Medienpädagogik), der Europäischen Fahrlehrer- Assoziation und drei Ausbildungsstätten aus Deutschland (KMH Fahrschule), Österreich (Fahrwelt Kern) und Belgien (autoecole) werden wir ab Oktober 09 mit dem Projekt starten. Inhaltlich geht es um innovative Formen der mediengestützten Aus- und Weiterbildung von FahrlehrernInnen, also einer Berufsgruppe, die bisher mit Web 2.0 noch wenig zu tun hat. Für Interessierte bietet sich zum Einstieg der aktuelle Arbeitsbericht von Gabi und mir an, da wir dort neben einer theoretischen Positionierung auch (erste) konkrete Gestaltungsvorschläge für den Kontext der Fahrausbildung machen.

*Dieses Projekt wurde mit Unterstützung der Europäischen Kommission finanziert. Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung trägt allein der Verfasser; die Kommission haftet nicht für die weitere Verwendung der darin enthaltenen Angaben.

Vom Web 2.0 zur Sportpädagogik 2.0

Zusammen mit Andreas Hebbel-Seeger werde ich auf der diesjährigen dvs-Jahrestagung in Münster (Bildungspotentiale im Sport) einen Arbeitskreis anbieten. Wir haben uns für den Titel "Vom Web 2.0 zur Sportpädagogik 2.0" entschieden, wohlwissend, dass wir mit dem Zusatz "2.0" Unverständnis ernten können. Aber: Im Bereich der Sportwissenschaft ist nach dem Web 1.0-Boom (Förderprogramme) nicht mehr sooo viel passiert :-) (von einigen Ausnahmen wie in Saarbrücken, Darmstadt, Stuttgart oder Giessen abgesehen). Ich bin in diesem Zusammenhang sehr gespannt auf das Referat von Christoph Igel: "Zur 'nicht-strukturellen' Integration von Bildungstechnologien in der Sportwissenschaft: 10 Jahre nachdenklich stimmende Erfahrungen im Überblick".

So signalisieren wir mit unserem AK eine Art Zäsur, denn die Sportpädagogik/ Sportdidaktik könnte ganz besonders vom partizipatorischen Potential der Web 2.0 Ansätze profitieren. Konkret wollen wir den Teilnehmern zeigen, wie man sich die bisher schwer einzulösenden Reflexionspotentiale in der Bewegungs- und Spieledomäne vorstellen kann.

Zuhören trotz Medien

Es wird ja immer gesagt, unsere Kinder können nicht mehr zuhören, wegen "all der Medien". Das klingt reichlich nach Klischee, ich weiß, aber in Alltagsdiskussionen treffe ich es dennoch oft an. Am Mittwoch war ich auf dem Erzählfest der Bücherei hier in Wolfratshausen. Ca. 50 Kinder hatten sich mit Eltern versammelt um Geschichten zu lauschen, die teils von Kindern, teils von einem professionellen Erzähler vorgetragen wurden; und wenn erzählt wurde, dann war es muxmäuschenstill. Hedi Reinmanns 13 Kinder machten ihre Sache ohne Zweifel prima, hatten sie doch in den letzten Wochen Geschichten erfunden, bemalt und das Vortragen eingeübt. Toll! Gestützt wurden diese Kindererzählungen von Michael Klute, einem Geschichtenerzähler bzw. Mundwerker wie aus dem Bilderbuch: lange, zottelige Haare, große Augen, tiefe Stimme :-). Mit seinen Instrumentaleinlagen hat er nicht nur die Kinder entzückt, sondern auch bei den Erwachsenen (den großen Kindern) Neugier geweckt. Alles in Allem: ein Supernachmittag mit der Erkenntnis: Erzieher/Lehrer sollten Geschichten erzählen können, das ist echt eine pädagogische Basiskompetenz. Die Herausforderung besteht freilich darin, aus dem "Geschichtenerzähler" jemand zu machen, der Geschichten über Schulstoff erzählen kann. Gibts das?

P.S. Leider kann ich keine Kinderbilder hier zeigen, der Luftballon soll die Stimmung andeuten ;-).

Jürgen Vogel – grenzgängerisch

Gestern Abend habe ich mir den Film "Der freie Wille" von Jürgen Vogel angesehen – hartes Kaliber, authentisch, "grenzgängerisch", wie Vogel selber in einem lesenswerten Interview sagt. Erzählt wird eine Geschichte eines Vergewaltigers, der Heilung in einer Klinik sucht, sie aber nicht findet. "Es steckt in mir – immer!", ruft er seiner Freundin kurz vor dem Selbstmord, dem Freitot, zu. Der Film wühlt auf, die an manchen Stellen beschämende Direktheit des Films ist befremdlich, man will den Film weiterspulen, weil man mit dieser Facette der Menschheit nicht klar kommt. Mir geht das Buch von Biere durch den Kopf, auch dort geht es um den freien Willen, auch dort handelt der Anfang des Buches von einem Irren, hier einem Mörder. Der Film (und Buch) würde z.B. in der Oberstufe viel Potential bieten: Umgang mit (gefährlichen) Kranken? Was ist Krankheit/Gesundheit? Verantwortung, wem gegenüber? Freiheit des Willens? Gesellschaftsbild? Freitot? … Vogel in die Schule! :-) Er würde wahrscheinlich – hmm, obwohl, er hat 4 Kinder – ablehnen. Aber die Filme sollte man nutzen, WEIL man ihm die Rollen, die Botschaften abnimmt … und das genau deshalb, weil er nicht gesellschaftsfähig sein will. Doch Vogel ist kein Grenzgänger (was ist denn heute noch Grenze?), er ist ein "Blindfleckler", einer, der uns Augen macht für das, was inmitten der Gesellschaft passiert, was wir aber nicht sehen (können oder wollen).