Jürgen Vogel – grenzgängerisch

Gestern Abend habe ich mir den Film "Der freie Wille" von Jürgen Vogel angesehen – hartes Kaliber, authentisch, "grenzgängerisch", wie Vogel selber in einem lesenswerten Interview sagt. Erzählt wird eine Geschichte eines Vergewaltigers, der Heilung in einer Klinik sucht, sie aber nicht findet. "Es steckt in mir – immer!", ruft er seiner Freundin kurz vor dem Selbstmord, dem Freitot, zu. Der Film wühlt auf, die an manchen Stellen beschämende Direktheit des Films ist befremdlich, man will den Film weiterspulen, weil man mit dieser Facette der Menschheit nicht klar kommt. Mir geht das Buch von Biere durch den Kopf, auch dort geht es um den freien Willen, auch dort handelt der Anfang des Buches von einem Irren, hier einem Mörder. Der Film (und Buch) würde z.B. in der Oberstufe viel Potential bieten: Umgang mit (gefährlichen) Kranken? Was ist Krankheit/Gesundheit? Verantwortung, wem gegenüber? Freiheit des Willens? Gesellschaftsbild? Freitot? … Vogel in die Schule! :-) Er würde wahrscheinlich – hmm, obwohl, er hat 4 Kinder – ablehnen. Aber die Filme sollte man nutzen, WEIL man ihm die Rollen, die Botschaften abnimmt … und das genau deshalb, weil er nicht gesellschaftsfähig sein will. Doch Vogel ist kein Grenzgänger (was ist denn heute noch Grenze?), er ist ein "Blindfleckler", einer, der uns Augen macht für das, was inmitten der Gesellschaft passiert, was wir aber nicht sehen (können oder wollen).