Intrapreneuer sportive … oder: Warum ich ein Güldenpfennig-Fan bin

Wer ist Güldenpfennig? Es muss um 1997 gewesen sein, als mir mein damaliger Chef (Prof. Quanz) zwei Bücher auf den Tisch legte und sagte: „Lesen Sie die mal und versuchen Sie einen Kommentar!“. Damals hatte ich alle weltlichen Herausforderungen ;-) hinter mir (Diplom und Staatsexamen) war dennoch unzufrieden und genau in diesem Bewusstseinszustand stieß ich auf die beiden bunten Ostereier, d.h. die Güldenpfennig-Bücher „Sport: Autonomie und Krise“ sowie „Sport: Kunst oder Leben“. Die Bücher bewegten mich tief, nie zuvor hatte ich soetwas gelesen, Luhmann, Kant, Goodman, Walzer, Nietsche, Welsch in dichter Folge und alle sollten bezeugen, dass Sport Kunst ist. Punkt. Was Güldenpfennig mit seinen beiden Büchern (und den folgenden) vorlegt ist eine Kulturwissenschaft des Sports, eine Art Bewegungssemiotik, die helfen soll, das Kulturphänomen Sport als Sinnsystem – es geht also um den Ideengehalt – (besser) zu deuten. Ich nahm mir ganze sechs Monate Zeit, studierte die Bücher ausgiebig, verfasste einen ca. 15-Seitigen Kommentar und schickte diesen nach Berlin zum Autor, den ich nicht weiter kannte. Damit war für mich die Sache erledigt, ich hatte meine Befriedigung. Es folgte aber eine Einladung nach Berlin, an das Deutsche Olympische Institut am Wannsee, eine intensive Unterhaltung mit Sven Güldenpfennig und den Wunsch, über Sport als Kunstgattung zu promovieren. Wegen Geldmangels wurde das nichts, ich ging zu Siemens und promovierte an der Uni Augsburg über Analogien.

Warum erzähle ich das? Zum einen, weil ich vor einem Monat (also nach 15 Jahren Sendepause) in einem Projektgespräch erfahren habe, dass mein Gegenüber der Trauzeuge von Sven ist. Nur Zufall? Gut, wenn ja, dann ist es ein schöner. Zum anderen, weil auch das aktuelle Buch von Sven wieder sehr spannend ist, allein der Titel provoziert: „Die Würde des Sports ist unanstastbar!“. Kann Sport (als Kulturphänomen) eine Würde haben? Was ist überhaupt Würde? Auch hier spannt Sven wieder einen breiten Bogen auf, nimmt einen mit zu Mythen aus der Antike, die helfen sollen, den Sinnkern des Sports besser zu verstehen, diskutiert ausgiebig Peter Sloterdijs Werk „Du musst dein Leben ändern!“ mit dem Ziel die Essenz dieses Buches auf den Sportkern zu beziehen und kommt am Ende schließlich zu der Vielschichtigkeit des Würde-Begriffs. Nach gut 400 Seiten tour de cultur hat man gelernt, dass Sport ein schöpferisches-ästhetisches Handeln, ein Streben nach persönlicher Exzellenz ist, wobei gerade das würdevolle Scheitern-Können und der vernünftige Umgang mit Grenzen elementare Bestandteile des Güldenpfennigschen Sportbegriffs sind.

Warum komme ich immer wieder (in unterschiedlichen Blogbeiträgen, in meinem Kopf sowieso) auf das Thema Sport + Kunst zurück? Was reißt mich an der Vorstellung, Sport sei Streben nach persönlicher Exzellenz, Umgang mit Grenzen, würdevolles Scheitern, etwas Ästhetisches im Medium der Bewegung? Wer mich kennt, weiß, dass ich diese Vorstellungen gerne ausweite, sie (unzulässig) genaralisiere, sie in Lebens!Bereiche hineintrage, wo die Prämissen des Sports nicht mehr gültig sind, z.B. in eine Universität oder ein Unternehmen. Dort experementiere ich mit diesen Idealen, suche Verbindungen z.B. zur Idee des Entrepreurships, zu generellen schöpferischen Handlungen, in denen der Einzele als Einzelner zählt! Wenn man sich fragt, welche Idee ein Unternehmen für seine Mitarbeiter anbietet (also jenseits des Geldes), wofür es sich lohnt, alles zu geben, dann kommt man an den oben genannten Kategorien nicht vorbei, da ist es einfach zu wenig, was aktuell in Leitbildern von Unternehmen blass und kraftlos „verkauft“
wird.

Auch wenn man Svens Ideen nicht 1:1 in die unternehmerische oder universitäre Lebenswirklichkeit entlassen kann (er würde mich prügeln), vielleicht regen sie aber doch dazu an, den Entrepreneurship-Sinn weiter in Richtung eines intrapreneur sportive (das ist kein Sportunternehmer!) auszubauen.