E-portfolio … der wunde Punkt!

Die letzten Tage waren wir auf der Campus Innovation in Hamburg. Mich hat der Track „e-portfolios“ sehr interessiert, weil wir uns in den kommenden Monaten intensiver diesem Thema widmen werden (Projekt: sports coaching education und driver instructor education). In beiden Kontexten geht es um praxis- und handlungsorientierte, darum nicht minder komplexe Coaching-Tätigkeiten, in denen sich die Lernenden meist „im Feld“ und unter „Theoriefeuer“ einen roten Faden zusammenspinnen müssen. Also, ich hatte offene Ohren für die Portfolios.

Der Track „e-portfolios“ wurde von Thorsten Meyer eingeführt. Ein Highlight (neben Gabis mrogendlichen Keynote) war der Vortrag von Thomas Häcker, einem Schulpädagogen, der wohl zu den wenigen deutschen Experten in diesem Feld zählt. Bei Häcker wurde schnell klar, dass es ihm um die „Methode, Haltung, Wertschätzung“ hinter dem Begriff geht. Im Zentrum steht das Subjekt, Ziel und Zweck des Portfolio-Einsatzes ist die Förderung von Selbststeuerung UND Selbstbestimmung einschließlich sozialer Partizipation. Gerade im Mangel an einer inhaltlichen Mitsprache (Selbstbestimmung) sieht Häcker den Pferdefuß moderner Portfolio-Arbeit. Er weist auf neoliberale Vereinnahmungstendenzen hin, z.B. indem Portfolioarbeit „halbiert“, um Selbstbestimmung gekappt werde. Dies trage dann in der Folge zur Halb- oder Unbildung bei.

An dieser Stelle hatte ich schon das erste „Aber“ im Kopf – für eine wissenschaftliche Tagung ist das ja nicht falsch. Doch wurde in der Folge dieses „Aber“ immer größer, angefangen beim Beitrag von Sandra Schaffert (salzburg research) über einen Redebeitrag von Rolf Schulmeister (der sich über die Ernüchterung in der Diskussion freut) bis zur Podiumsdiskussion am Ende der Tagung, bei der zwar alle Podiumsteilnehmer die POTENTIALE des e-Portfolios sahen (beschwörten?), doch keiner so recht die Frage von Peter Baumgartner beantworten konnte, was denn der Mehrwert eines Portfolios sei.

Das war für mich der wunde Punkt! Was IST also ein Portfolio? Sicherlich nicht das Erscheinungsbild (Gesicht) z.B. Präsentations-, Showcase etc. Portfolio, sicherlich nicht die Technologie wordpress, Mahara oder drupalEd. Sondern? Ehe man hier wieder in eine allgemeine Beschreibung der Methode (sammeln, reflektieren, selektieren, präsentieren) oder auch Taxonomie abdriftet, fände ich es zur Erdung und Klärung der Diskussion gut, wenn wir in Zukunft von „dicht beschrieben Beispielen“ hören können (von der Perspektive wie bei Joachim Robes), die in der Praxis einen darstellbaren Mehrwert erzeugen. Das hätte den Vorteil, dass wir weniger über theoretische "Rahmungen", Kooperationspartner und Didaktik-Wünschen hören würden (Redundanzen), sondern mehr in die konkreten Erfahrungen und Interaktionen „vor Ort“ eintauchen könnten, die … einen UNTERSCHIED machen! Also Beispiele und diese dann mit der Lupe und in „slow motion“ betrachten. Ich bin der festen Überzeugung, dass genau diese Hinwendung zu Beispielen (Empirie) und damit zu k o n k r e t e n didaktischen Anforderungen in der Domäne x,y,z die theoretische Diskussion stimulieren und die verwendeten Begriffe mit Inhalt füllen würde. Am Ende darf es jedenfalls nicht passieren, dass jemand berechtigter Weise fragt: Was ist ein Portfolio? … und alle im Raum zwar hundert Rahmungen, aber kein Bild im Kopf haben.

Klingt alles etwas böse, was? Hmmm. Vielleicht liegt das auch daran, weil ich gerade bei Bruno Latour auf S. 240 bin, … der setzt einem solche Flöhe in den Kopf ;-). Die Hamburger Tage haben aber mit Sicherheit dazu beigetragen, dass wir in den kommenden Wochen intensiver über das Thema nachdenken und vor allem Peter Baumgartners Einwand aufgreifen, nämlich dass die Metapher der PortfolioARBEIT (schwer, mühsam) gegen eine gewisse „Leichtigkeit“ (siehe iphone, twitter) ausgetauscht/erweitert werden muss.