Eben habe ich auf dem Sofa gelegen. Mir sind die Argumente vom Beck Text noch im Kopf und damit die Spielarten des Sowohl-als-Auch. Vor diesem Hintergrund lese ich z.Z. den Text von Karen Gloy, "Analogiedenken-Vorstöße in eine neues Gebiet der Rationalitätstheorie". Sie analysiert, ähnlich wie Beck, eine ganze Reihe von Phänomenen, die sich mit der klassischen aristotelischen (binären) Logik schlecht fassen lassen. Kippeffekte, Vixierbilder, Umschlagphänomene, Aktualgenese, Träume, fragtale Geometrie und Quantentheorie bieten Beispiele dafür, wie junge wissenschaftliche Ansätze mit Vorstellungen der "Fluidität, Diaphanität und Transivität" umgehen, d.h. sie operieren mit der Auflösung scheinbar fester Objekte in einer Sequenz von Stadien. Nach Rekonstruktion der drei klassischen Logikaxiome (Identitätssatz, Wiederspruchssatz, Satz vom Dritten) werden Unzulänglichkeiten dieses Logik besprochen; Auswege findet man z.B. mit einer Erweiterung um den Zeitaspekt oder in der Einschränkung des Objektbereichs oder in der Einführung einer dritten Unterscheidung (wahr/unwahr/halbwahr = fuzzy). Gloy stellt fst, dass solche Ansätze darauf abzielen, die Vieldeutigkeit (der Phänomene) durch Einführung erweiternder Parameter zur Eindeutigkeit zu bringen, um sie wieder mit der klassischen Logik zu fassen. Ihr geht es aber um etwas fundamental anderes, nämlich um eine Revision der Logik selbst, die mit der Akzeptanz der Mehrdeutigkeit eingeleitet wird. Damit daraus nicht eine "Anarchie der Logik" wird, plädiert sie für die Integration von Analogiereihen, als eine Art universelle Verweisungsprinzip.
"Wäre nicht das Auge sonnehaft,
Die Sonne könnt't es nie erblicken;
Läg' nicht in uns des Gottes eigne Kraft,
Wie könnt' uns Göttliches entzücken?
Aus diesem Goethezitat werden die Verweisungsprinzipien verdeutlich, d.h. die Sonnenhaftigkeit des Auges, also einer Verbundenheit zweier Dinge, die nach der aristotelischen Logik nichts miteinander zu tun haben. Gloy betont, dass es dem Analogiedenken (entgegen des wissenschaftlichen mainstreams) nicht im Quantität sondern um ein qualitatives Maß geht; in diesem Denken spielen Struktur, Form!, Muster, Schema eine zentrale Rolle. Gloy schließt mit einem Absatz, der das Analogiedenken mit dem in Verbindung bringt, was z.Z. bei Herr Böhle und seinem Antrag eine zentrale Rolle spielt: "So ungewöhnlich und fremdartig das Analogiedenken auf den ersten Blick erscheinen mag, so rückt es doch in das Zentrum der Aufmerksamkeit nicht nur von Mathematikern, Physikern, Computerfreaks und Wissenschaftstheoretikern, sondern auch von Biologen, Soziologen, Ökonomen u.s.w. … man kann das Analogiedenken geradezu als Symptom der Moderne bezeichnen." Es wäre eine spannende Aufgabe, wenn man das Analogiedenken (als geisteswissenschaftliche Disziplin, siehe Cassirer, Foucaults, Eco) für die Analyse und Problemlösung dessen heranziehen kann, was Herr Böhle in seinem Antrag als "praktisches Handeln" bezeichnet. Wir werden sehen …