Blog2024-06-21T12:20:22+01:00

Alles nur Klischee!

Gestern Abend waren wir (Ökonomie und Bildung e.V.) in der Hanns-Seidel Stiftung in München um unter der Überschrift "Ist die Ökonomisierung der Bildung ökonomisch?" den Kontext Schule genauer unter die Lupe zu nehmen. Neben einer Einführung von Prof. Böhle und Prof. Höfling hatten wir den Politiker Josef Erhard (Amtschef im Bayrischen Staatsministerium), und die Professoren Wößmann (LMU) und Zymek(Uni Münster) geladen. Zudem haben wir ein kleines  Inprovisationstheater; zwischen Impulsreferate und Plenumsdiskussion geschoben, das für Erdung sorgen sollte. 

Alles im Allem war ich mit dem Abend zufrieden, weil die drei Redner je unterschiedliche Sichtweisen auf das Thema geworfen haben: Herr Zymek als Erziehungswissenschaftler baute seine Argumentation sehr grundsätzlich auf, sprach nicht nur, aber auch von einem neuen Menschenbild (der unternehmerische Mensch), was man ins Bildungssystem verankern wolle. Herr Wößmann fasste das Interesse (oder besser die Interessenlosigkeit?) des Ökonomen mit dem Kernpostulat zusammen: Menschen reagieren auf Anreize … und es gelte eben diese Anreize zum Wohle der Gesamtheit (als Handlungen aller) auszubalancieren. Herr Erhard vertrat eine vermittelnde Position, in der traditionelle Interessen (Allgemeinbildung) und Interessen des Arbeitsmarktes aufgehoben sein sollen, Humboldt und Siemens, so seine Worte.

Wir haben über viel gesprochen, über Wettbewerb, Autonomie, Finanzierung etc., aber irgendwie nicht über den Unterricht und die Perspektive derjenigen, die von der aktuellen Bildungsreform am meisten Betroffen sind, z.B. die G8 Schüler. Wir hatten es ja in unserem Improvisationstheater angesprochen, es plakativ auf den Punkt gebracht: um so entkräftender ist es, wenn das alles als Klischee abgetan wird. Also eines ist sicher: beim nächsten Treffen werden Studenten dabei sein, denen kann man dann nicht mehr so leicht sagen,
"alles nur Klischee, das wird nur von den Medien hochgejubelt". Aktuell versuchen die Schüler ihren Unmut durch eine Demo Luft zu machen, nicht nur in München, sondern bundesweit, das kann nicht nur Privatvergnügen sein.

Welche Erkenntnis nehme ich aus der gestrigen Veranstaltung mit? Sehr spannend fand ich den Kommentar der Herren Zymek/Böhle, dass die Internationalisierung resp. Globalisierung zu einem common sence darüber führt, wie man Bildung formal zu organisieren habe: in "Kästchen", eine Metapher für Zeitmaße, Punkte und Inhaltseinheiten, also Streben nach Verrechenbarkeit. Genau diese (formale) Bürokratisierung – bei allen  Entbürokratisierungsbeschwörungen – macht den neuen Herrschaftskampf aus. Nun ist die Diskussion in so schwindeligen Höhen wie bei Max Weber und seiner Ethik immer schwer. Einfach und greifbar ist das, was im Unterrichtsraum von diesen formalen Rahmenbedingungen ankommt: Tendenz zum Frontalunterricht, Verschließung gegenüber neuen Lehr-Lernformen, Eindimensionalität der Noten, weniger Projetarbeit, weniger Raum zur Problemreflexion, also all das, was man in Praxis und Wissenschaft (Pädagogischen Psychologie) unter gutem Unterricht versteht. Irgenwas läuft da doch falsch?!

Da hilft auch nicht viel, wenn Herr Wößmann auf die Kraft des Wettbewerbs zeigt: wo findet denn Wettbewerb statt?? Wettbewerb hieße besser zu sein als andere in dem Ziel des nachhaltigen Lernens, hieße nicht wie die Konkurrenz frontal zu unterrichten, hieße innovative Lernlösungen entwickeln, ausprobieren, optimieren, Schumpeters Credo folgen halt. Aber in Deutschlands Schulen wird nicht experimentiert, warum auch? In Schweden ist man da radikaler: um zu sehen welcher Unterricht besser ist, teilt man die Stadt in zwei Hälften: in Schulen der linken Häfte unterrichtet man nach der Methode a in der rechten Häfte nach der Methode b. Man sieht dann was rauskommt. Toll finde ich diesen Anstz deshalb, weil man eines offenbar weiß: so viel kann man gar nicht falsch machen, selbst wenn man zur schlechten Häfte gehört lernt man beim Selbstexperiment mehr über das eigene Lernen als sonst im 0-8-15 Verfahren. Kurzum: Bildungsreform fängt mit Unterrichtsreform an und genau hier müssen wir einen unternehmerischen Lehrertypen anstreben und fördern – und ihn oder sie aber auch dann gewähren lassen! Helge Staedtler hat es abends in kleiner Runde auf den Punkt gebracht: wir haben keine Bildungskrise, sondern eine Vertrauenskrise (in das Lehrpersonal an Schule und Universität). 

Von |11. November 2008|Kategorien: Allgemein|Kommentare deaktiviert für Alles nur Klischee!

Neues Modul zur Informationskompetenz

Am Mittwoch den 05.11. war ich zusammen mit Richard Heinen von Lehrer online beim Deutschen Institut für Internationale Pädagogische Forschung in Frankfurt. Es ging inhaltlich um die Fortsetzung des TechPi und MaliBu Projekts und zwar sollen wir (Ghostthinker) ein neues Themenmodul zur Informationskompetenz entwickeln. Die Zusage des DIPF hat uns sehr gefreut, einerseits weil wir damit die Modulreihe um einen Baustein (neben Regenwurm und Klimawandel) erweitern können und anderseits weil uns das Thema Informationskompetenz in Augsburg sehr interessiert. Nach Durchsicht der aktuellen Forschungsansätze bzw. Modelle zu diesem Thema (7 faces, 7 Säulen, big 6 skills, IK 2.0, lifecycle) habe ich festgestellt, dass viele Modelle eher einer instrumentellen Verarbeitungslogik folgen: Informationsbedarf feststellen, Informationen suchen und bewerten, Informationen nutzen. Was mir in den Modellen viel zu kurz kommt sind psychologische Ansätze, die den schwierigen Punkt des Informationsbedarfs (Was ist mir eigentlich wichtig?) oder der Informationsbedürftigkeit näher fassen.

Von |9. November 2008|Kategorien: Allgemein|Kommentare deaktiviert für Neues Modul zur Informationskompetenz

Kindergarten

Am Montag haben wir (Ökonomie und Bildung e.V.) erfolgreich unseren ersten Workshop mit der Hanns-Seidel Stiftung durchführen können. Der Auftakt galt dem Thema „Kindergarten“, also einem Bereich, mit dem ich derzeit relativ wenig zu tun habe. Umso interessanter waren die Vorarbeiten zu einem Trailer, die mich in Kindergarten/Tagesstätten bei Erlangen, bei Schongau und Wolfratshausen trieben, um mich dort mit Erzieherinnen über die „Ökonomisierung der Bildung“ zu unterhalten.

Viele Probleme in diesem Kontext drehen sich um die mangelhafte Finanzierung, eine Leiterin brachte es auf den Punkt: Das Auseinanderklaffen zwischen Erziehungsansprüchen (wohlbegründet im Erziehungsplan und auch seitens der Eltern) und den zur Verfügung gestellten Ressourcen. Ich vermute stark, dass diese Einsicht auch in den Kontexten Schule (Workshop am 10.11) und Universität (08.12) anzutreffen ist. Neben der Finanzfrage wurden besonders das Zusammenspiel zwischen Kindergarten und Grundschule und die Ausbildung der Erzieherinnen thematisiert. Das gehört zwar nicht zwingend in den Kontext der Ökonomisierung, ist aber sicherlich eines der spannensten Diskussionen innerhalb der Strukturreform zur frühkindlichen Bildung. Wir werden in Kürze den Trailer, eine kurze Einleitung zum verdrehten Workshoptitel und eine Zusammenfassung der Statements auf der Homepage von Ö+B online stellen. 

Hier ist der Flyer für die Folgeveranstaltung "Ist die Ökonomisierung der Bildung ökonomisch" Beispiel Schule (Vorbereitung zusammen mit Sandra und Gabi).

Von |18. Oktober 2008|Kategorien: Allgemein|Kommentare deaktiviert für Kindergarten

Workshop Bonn: Narration mit digitalen Medien in der Grundschule

Am Donnerstag war ich zusammen mit Gabi und Augsburger Kollegen in Bonn. Dort fand im Anschluss an die 3. Fachtagung Naturwissenschaft entdecken! die Veranstaltung „Digitale Medien und Geschichten im Grundschulunterricht“ statt. Der als Workshop angelegte Tag mit Vertretern aus Medienpädagogik, Pädagogik, Lehrerschaft, Comiczeichner, Bildungs-Unternehmern und Vertretern von Schulen ans Netz e.V. (Naturwissenschaft entdecken!) markierte einen vorläufigen Abschluss oder besser Zwischenstopp im Tech Pi und Mali Bu-Projekt.

Nach Begrüßung von Richard Heinen und Uwe Rotter (Projektleitung von SAN) eröffnete Norbert Kober den Tag durch professionelles Erzählen. Es ist für mich immer wieder erstaunlich, wie groß der sinnlich wahrnehmbare Unterscheid zwischen einem „analytischen“ und einem narrativen Vortrag ist. Also: einen besseren Einstieg kann man sich nicht denken, denn die Gänsehaut während des Zuhörens schafft einen anderen Wahrheitsmodus (der der Wissenschaft allzu oft abgeht). In einem zweiten Schritt habe ich das Thema Narration am Beispiel TechPi und Mali Bu konkretisiert und etwas zum zugrundeliegenden Didaktik-Konzept gesagt. Marco Rosenberg (imb) stellte in der Folge die ersten empirischen Ergebnisse vor, die in zwei Grundschulen mit der „einfachen“ Umgebung gesammelt haben. In einem dritten Workshopteil haben wir das Thema Web 2.0 fokussiert: zunächst stellte uns Martin Riemer ein Projektbericht aus der Grundschule vor – Thema Bloggen. Martin konnte anschaulich zeigen, welche PÄDAGOGISCH wertvollen Möglichkeiten sich IN DIESEM ALTER durch ein Blog-Ansatz eröffnen. Bei mir ist folgende Szene fest im Kopf hängen geblieben: Die Schüler haben heimlich mit den Fotohandy ihren Schulleiter fotografiert. Nun wollen sie das Foto natürlich in ihren Klassenblog veröffentlichen. Die Schüler fragen Herrn Riemer: „Dürfen wir das machen?“ Herr Riemer schickt die Kinder zum Schulleiter, weil sie ihn PERSÖNLICH fragen sollen. Die Schüler warten länger vor dem Lehrerzimmer. Dann das Treffen mit dem Schulleiter, der gerne einwilligt. Nach einer solchen Aktion könne man sich – so sagt Herr Riemer – abends einen Piccolo aufmachen. Ich stimme dem voll zu, ist das doch das Idealszenario der viel beschriebenen Medienbildung. Im Anschluss habe ich noch (in Vertretung für Johannes Metscher) die neue Tech Pi und Mali Bu-Umgebung vorgestellt, in der wir neben Admin-Funktionen die Möglichkeit einer (kindgerechten) zeitmarkenbasierten Kommentierung und Annotierung entwickelt/eingebaut haben (Link zur Umgebung in Kürze). Im letzten Teil das Workshops haben wir in Kleingruppen noch Möglichkeiten der Weiterentwicklung erarbeitet: Implementation, Aufgabendesign und Technologie standen dabei im Zentrum.Wir bereiten uns in den nächsten Monaten auf neue Themenmodule vor, die wir in die Umgebung integrieren. Je mehr Themenmodule wir haben, desto größer sind natürlich auch die Optionen, die sich durch Web 2.0 Features ergeben.

Neben diesen Themenmodulen planen wir eine Buch-Veröffentlichung, welche die unterschiedlichen Sichtweisen auf das Thema „Narration mit digitalen Medien am Beispiel von Tech Pi und Mali Bu“ für Lehrer anschaulich auf den Punkt bringt. Also: nach Tech Pi und Mali Bu 2.0 kommt jetzt so etwas wie „3,0“ – nicht als erweiterte Erweiterung der Technologie, sondern als methodisch-didaktische Unterstützung für Grundschullehrer, wie man Narrationen (mit digitalen Medien) im Unterricht inszeniert und was der pädagogisch-psychologische Mehrwert für Schüler, aber für die Lehrer dabei ist.

Von |27. September 2008|Kategorien: Allgemein|Kommentare deaktiviert für Workshop Bonn: Narration mit digitalen Medien in der Grundschule

Ist die Ökonomisierung der Bildung ökonomisch?

Zusammen mit der Hanns-Seidel-Stiftung veranstaltet unser Verein Ökonomie und Bildung e.V. in den Monaten Oktober-Dezember 08 eine Workshopreihe: "Ist die Ökonomisierung der Bildung ökonomisch?" Wer Lust hat über diese Dinge kontrovers zu diskutieren, der ist herzlich eingeladen. Hier geht es zum Flyer! (Anmeldung erforderlich)

Von |22. September 2008|Kategorien: Allgemein|Kommentare deaktiviert für Ist die Ökonomisierung der Bildung ökonomisch?

TrainerInnen als Kompetenzentwickler

Am Samstag war ich in Hannover, um auf Einladung des Deutschen Tischtennis Bundes und des NTTV einen ganztägigen Workshop für Lehrreferenden zu leiten (Markus Söhngen und Martin Schmidt vom TTVN haben moderierend mitgewirkt). Ich hatte mir den Titel „Trainer/innen als Kompetenzentwickler?! Neue didaktische Potentiale durch und mit Bildungstechnologien“ ausgedacht. Da am Vortag Herr Best vom DOSB die Grundlagen zum Lehren und Lernen erläutert hatte, konnte ich mich voll und ganz auf das Ziel fokussieren, Handlungswissen zum Thema Bildungstechnologien aufzubauen. Erstmals habe ich dabei nicht ÜBER Bildungstechnologien gesprochen, sondern die Teilnehmer/innen (15 Personen aus unterschiedlichen Bundesländern) in unseren SportCampus 2.0 zum „Eigenhandeln“ eingeladen. Dort sollten sie konkrete Aufgaben lösen (Bewegungsanalyse,  Lern-Reflexion, Textverstehen), wobei die Werkzeuge im SportCampus (Videokommentar, Blog und Mapping-Tool) zum Einsatz kamen. Eingebettet in diese Handlungsperspektive haben wir immer wieder  Reflexionsphasen durchgeführt (ohne PC), die uns zu teils kritischen Technologie- und Didaktikfragen führten. Teilnehmer/innen, Veranstalter, die beiden Moderatoren aus dem alten Piloten und ich waren am Ende aber mit dem Konzept + Umsetzung zufrieden, weil sich alle Teilnehmer/innen in der Kürze der Zeit ein Bild von den Bildungstechnologien und deren Mehrwert im Kontext der Tischtennisausbildung machen konnten. Mir ging es im Kern darum, ein Modell für ein Weiterbildungsmodul zu entwicklen, sodas andere Workshopleiter in Zukunft auch ohne mein Zutun damit arbeiten können. Da die Teilnehmer/innen von den Potentialen des SportCampus angetan waren, bin ich optimistisch, dass wir in 2009 die Nutzung auf ein paar andere Bundesländer ausweiten können. Mit dieser evolutionären Entwicklung (die einen langen Atem braucht) bin ich (letztlich) recht zufrieden, weil man so das Gesamtkonzept aus Didaktik-, Technologie- und Organisationselementen immer weiter verfeinern kann (DBR).

Von |21. September 2008|Kategorien: Allgemein|Kommentare deaktiviert für TrainerInnen als Kompetenzentwickler
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