Bist du normal? Inklusion im Sport

Wusstes ihr, dass Inklusion eine ästhetische Kategorie ist? Vielleicht habe ich im kurzen, aber intensiven Flurgespräch mit Edgar Sauerbier nicht alles verstanden, was mir der Experte für dieses Thema sagen wollte, aber eines ist sicher: Es geht nicht nur um den „Rollifahrer im Sportunterricht“ und die Frage, wie man ihn integriert.

Hintergrund für das genannte Flurgespräch ist ein laufendes Projekt mit dem DOSB zum Thema Inklusion. In Zusammenarbeit mit Kompetenzexperten der Universität Erlangen-Nürnberg (u.a. Prof. Sygusch) und einer Expertengruppe für Inklusion (Schwimmverband, LSB Niedersachsen) sowie mit Vertretern des DOSB (Kreutel und Fabinski) sollen kompetenzorientierte Fortbildungsmodule im Blended Learning-Format für das Vereinsmanagement und für die Trainerausbildung entwickelt werden. Mediendidaktisch setzen wir auf das edubreak-Konzept, erweitern dieses aber um jene Aspekte, die Menschen mit Behinderung Interaktion und Gestaltung mit und in der Online-Welt ermöglichen.

Was ist an diesem Projekt so außergewöhnlich? Eine Antwort in Kürze: das Zusammenspiel aus Kompetenzorientierung, Digitalisierung und organisationsübergreifendem Aushandeln von Inklusionsthemen. Das alles ist sehr anstrengend und man ist geneigt, bekannte Konzepte aus der Schublade zu ziehen und zu sagen: Lass es uns doch machen wie immer!

Aber wie das so ist in Innovationsprojekten: Am Ende entstehen Dinge, die man noch im Prozess nicht für möglich gehalten hat. So liegen aktuell ein fast fertiges Blended Learning-Konzept sowie ein stimmiges Aufgabendesign mit Lernzielen vor, mit dem wir in vier Wochen an den Start gehen. Die technischen Anpassungen in edubreak sind auf dem Weg (WCAG 2.0 AAA + Social Video Learning inclusion) und die ReferentInnen fühlen sich durch die Schulung in unserer Academy gut vorbereitet. Also alles rosa?

Na ja, nicht ganz so rosa finde ich, dass wir es versäumt haben, gleich zu Beginn alle ReferentInnen mit ins Boot zu holen. Zum einen waren diese noch nicht alle greifbar, zum anderen denken wir noch immer zu arbeitsteilig und vor allem linear: Hier die Expertengruppe, die erfindet, dort die ReferentInnen, die es umsetzen. Aber wir wissen es doch besser: Bei der didaktischen Transformation müssen alle mit an den Tisch – von Anfang an. Zudem sind lineare und starre (vs. iterative) Phasen aus Entwurf/Plan, Test, Bewertung und Neuplan ungünstig, weil die Lernkurve zu flach verläuft und wir sehr viel im unfruchtbaren Metamodus verharren. Beim nächsten Mal machen wir auch das besser. 

Zum Schluss: „Bist du normal?“, fragt eine blinde Frau einen jungen (nicht behinderten) Mann bei einem Videodreh. Der Mann weiß gar nicht, worauf sich die Frage bezieht, denn die Blindheit der Frau sieht man nicht. Verunsicherung folgt auf beiden Seiten. Sehenswert (aktion mensch)! Warum aber nun ist Inklusion eine „ästhetische Kategorie“ wie im eingangs genannten Flurgespräch angedeutet? Vielleicht, weil es nicht um ein Mitleid erheischendes Hineinfühlen der Nicht-Behinderten in den Körper-Geist der behinderten Menschen geht, gehen darf, sondern um die Anerkennung der Selbstzweckhaftigkeit von Menschen schlechthin. Schon der Dualismus von „Menschen mit und ohne Behinderung“ bringt uns auf eine falsche Spur.

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