Flipped Meeting als Tagungs-Management-Methode

Während in Deutschland die ersten Herbststürme um die Häuser fegen, war es im italienischen Bozen in den letzten drei Tagen herrlich warm. Genau das richtige Klima, um mit dem ganzen Projektteam von Prepare an unserem zweiten EU-Treffen zu arbeiten (längerer Bericht von Klaus Himpsl-Gutermann & Reinhard Bauer hier). Methodisch neu war, dass wir dieses Treffen als Flipped Meeting organisiert haben (vgl. auch den Beitrag von denkspuren). Aber der Reihe nach …

In der virtuellen Vorphase hatten wir uns mit Blick auf die knappe Zeit in Bozen darauf geeinigt, dass jeder Teilprojektleiter den aktuellen Projektstand in Form eines Videos zusammenfasst und auf edubreak zur Kommentierung aller Mitglieder bereitstellt. Der Effekt: Wir konnten schon im Vorfeld unser Wissen teilen und Probleme identifizieren, über die wir dann in Bozen vertieft diskutieren wollten. Kurz vor Bozen waren mehrere Videos online (Screenvideos und klassische Präsentationen vor dem Beamer) und viele Tn hatten sich mit knapp 100 Videokommentaren argumentativ eingestimmt. Klasse!

In Bozen hatte ich das Gefühl, dass wir schon „drin“ waren, so dass wir auch relativ schnell zur Sache kommen konnten. Das zeigte sich u.a. in der raschen Entwicklung eines der wichtigsten Bausteine im Projekt: Dem verallgemeinerten Ablaufplan für die reflexive Praxis. Unter Ablaufplan verstehen wir ein Vorgehensmodell, welche Aufgaben man bereitstellen muss, um eine Unterrichtsreflexion mit kollaborativem Feedback zu organisieren: (1) Zielsetzung nennen und Erwartungen der Tn zu einem Thema X in einem Blogbeitrag formulieren lassen. (2) Aufforderung, eine Unterrichtssequenz mit Bezug zu (1) zu filmen und online zu stellen. (3) Aufforderung, im Video im Sinne einer Selbstreflexion nach Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken zu suchen und dies mit einem Videokommentar explizit zu machen. (4) Einholen von Feedback seitens der Mitstudierenden durch Rekommentierung/Kommentierung entweder global von allen oder spezifisch von einem Tandempartner. (5) Optional und je nach Ressourcen: Expertenfeedback durch die Lehrenden via Videokommentar einbinden und (6) Formulierung der persönlichen Konsequenzen vor dem Hintergrund von 1-5 in einem Blogbeitrag. Bis hierher sind wir gekommen, weitere Arbeitsschritte in Richtung e-Portfolio-Arbeit (Prozessportfolio = in edubreak) und Inszenierung (Produkt- oder Show Case-Portfolio = in mahara) stehen noch aus.  

Natürlich sind mit diesem Modell noch nicht die konkreten Aufgaben formuliert. Aber ich denke, dass dies nun für jeden von uns machbar ist. Auf jeden Fall ist der Ablaufplan eine gute (allgemeine) Basis, mit der man nun Erfahrungen zur reflexiven Praxis sammeln, austauschen und verfeinern kann.

Wie geht es mit dem „flipped“ nun weiter? Wir haben in Bozen wieder Videos aufgenommen, nicht blind alles, sondern sehr gezielt nur die „verdichteten Gedanken“: Wir haben die Arbeitsergebnisse auf Flipchart von Teammitgliedern noch einmal verbalisieren bzw. rekonstruieren lassen. Genau diese Videos sind die Grundlage dafür, dass wir asynchron in der nächsten Woche online weiterdenken. Dabei soll der Kerngedanke aufgegriffen und verfeinert werden, denn jeder von uns hat bestimmt noch Ideen, sobald er/sie wieder in der jeweiligen Heimat ist.

Wie bewerte ich den Prozess? Die Idee und der hier skizzierte Ablauf haben funktioniert. Was wir in Zukunft besser machen können, sind die Disziplin und die Zeitplanung: Nicht jeder von uns hatte im Vorfeld die Zeit, die Videos zum Arbeitsstand frühzeitig hochzuladen, nicht jeder von uns hat seine Fragen oder Ideen im Videokommentar hinterlassen und sicherlich konnten auch nicht alle Tn die Videokommentare vorab lesen und hier ein kollaboratives Feedback geben. Weiter sehe ich Verbesserungsbedarf in der Zusammenfassung der ~ 100 Videokommentare zu einer Diskussionsagenda. Dies hatte ich relativ schnell zusammengeschustert, was mir aber vor Ort nachgesehen wurde. 

Kurz: Flipped Meeting mit Social Video Learning kann man als Tagungs-Management-Methode einordnen. Die Herausforderung für die Zukunft besteht darin, dass wir an der „flipped culture“ arbeiten, also an den neuen Arbeitsroutinen und Haltungen, die ein solcher Wechsel von Gewohnheiten mit sich bringt – ein Thema, dass aktuell über allen 4.0-Wortkombinationen schwebt. 

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