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Social Video Learning … von der Software zur Kulturtechnik

Die 10. Forschungswerkstatt (FWS) von Peter Baumgartner liegt hinter mir. Erstmals war ich dort als „special guest“ für das Thema Social Video Learning eingeladen. Was ist hängen geblieben, wo liegen bei mir die Wow‘s und Ahh‘s?

Klasse fand ich, dass es so unkompliziert möglich war, die Forschungswerkstatt in einem Blended-Format auszurichten, also durch eine vorbereitende und nachbereitende Online-Phase zu rahmen. Methoden erklärt / erfährt man ja am besten durch Methoden. Peter sagte in der Präsenzphase, dass ihm das Potenzial erst so richtig durch eigenes TUN aufgegangen sei. Ja, wir müssen vielmehr zwischen Tun und Reflektion hin und herpendeln, wenn wir Neues in die Welt bringen wollen.

Die Bereitschaft zu experimentieren – selbst im Rahmen einer Bildungsexpedition wie die FWS – ist noch ausbaufähig. Das merkt man z.B. an der Zurückhaltung, eigne Videos von sich in der ersten Online-Phase zur Verfügung zu stellen oder auch in der Präsenz Videos selber zu machen. Aber eines gilt als sicher: Ohne Videos kein Social VIDEO Learning. Und ohne Bereitschaft zur (Re)Kommentierung, ganz bestimmt auch kein SOCIAL Video Learning. Hier geht der Blick weg von der Software hin zu Kulturtechnik. Und hinter der noch werdenden Kulturtechnik steckt die Herausforderung der (teilöffentlichen) Selbstbeobachtung oder ganz generell, der reflexiven Beobachtung (mit Video). Um hier weiter zu kommen, experimentiere ich gern mit so etwas wie „Situationen einfrieren“, also live im Workshop, das wirft alle Beteiligten „aus der Zeit“, lässt uns für einen Moment „neben uns stehen“, es ermöglicht und legitimiert (!) eine Beobachtung der Dinge und Prozesse, die im Raum “passieren”. Interessanter Weise geht das im Sport leichter, da werden Videos zur Bewegungsanalyse gedreht bis der Arzt kommt, Kommentierung und Rekommentierung fallen leicht und sind gängige Praxis. Vielleicht weil der (funktionalisierte) Körper im Zentrum steht, nicht die ganze Person, die Persönlichkeit? Kann sein. Ggf. ist so eine De-Zentrierung von der eigenen Person eine wichtige Voraussetzung dafür, mit Videos als Instrument der Selbstreflexion und damit Selbstzentrierung zu arbeiten. Paradox, aber fruchtbar. Aber es geht auch einfacher: Wenn ich z.B. als Ingenieur oder technische Servicekraft ein technisches System videografiere, ich selber als Person nicht vor die Linse komme, dann ist das mit dem Video kein Problem und ich denke auch mit der Kommentierung nicht. Fangen wir also besser bei den Ingenieuren an ;-).

Sehr interessant in der Forschungswerkstatt waren die Perspektiven der Teilnehmer und Teilnehmerinnen: Kunstpädagogin, Veternärmediziner, Schulpädagoge, IT-Unternehmer, Lerndesignerin / Cutterin, Sozialinnovatorinnen, … alle schauen auf „Video“ und die didaktischen Möglichkeiten, nicht nur als Repräsentationsmedium, sondern als Mittel für Konstruktions- und soziale Aushandlungsprozesse. Letzteres war neu und in der Werkstatt wurden nicht selten von Seiten der Kunstpädagogik (Perspekivität, Macht, Konstruktion) interessante Querverbindungen aufgezeigt, die gerade für die Didaktik fruchtbare Impulse liefern.

Fazit: Das Thema Social Video Learning ist für mich ein „schlafender Zwergriese“: Schlafend, weil wir die Potenziale für individuelles Lernen und organisationale Zusammenarbeit erst langsam verstehen. Zwergenhaft, weil man das Potenzial ganz simple darin sehen kann, mehr „Interaktion in das Thema Video“ zu bringen. Riesenhaft deshalb, weil die koordinierende und kohärenzschaffende Funktion von Videokommentaren vom Individuum über Gruppen bis ganzen Organisationen praktisch am Anfang steht und theoretisch Neuland ist (vgl. Lissack). An dieser Stelle möchte ich jedenfalls weiterdenken, gern auch in Kombination mit Pattern, so wie es Peter angekündigt hat.

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