Vor Kurzem habe ich einen Artikel von F. Staub gelesen, indem er dafür wirbt, dass die Erziehungswissenschaft eine stärkere Verantwortung für die Bildungspraxis übernehmen soll. Sehr anschaulich erläutert er unter dem Namen „Fachspezifischen-Pädagogischen Coachings“ ein Konzept zur Unterrichtsentwicklung (als wesentliche Säule der Schulentwicklung). Er plädiert für eine „Entwicklungsforschung“, in welcher „Akteure aus Wissenschaft und Praxis in Kooperation theoriebasierte Settings und Werkzeuge für die Entwicklung von Praxisfeldern zu konstruieren suchen“ (S. 114). Als Vertreter der „Augsburger Medienpädagogik“ stehe ich natürlich fest hinter einer solchen Auffassung von Forschung, zumal ich gerade im Sportkontext sehe, wie fruchtbar eine solch enge Verbindung ist, wenn man Praxis verantwortungsvoll und effizient verändern möchte (ob das Aufgabe der Bildungswissenschaft sein soll, darüber streiten sich die Geister).
Wenn ich mir die letzten 1 ½ Jahre und damit die Zusammenarbeit mit dem TTVN vergegenwärtige, dann wird mir klar, dass eine Kooperation eben nicht bedeutet, dass man wissenschaftliches Wissen in der Praxis zur Anwendung bringt oder implementiert. Der Clou besteht vielmehr in einer wechselseitigen Aktivierung und Integration von (Christian würde sagen) lokalen und globalen Wissen (kommt aus der Entwicklungszusammenarbeit). Wir haben zwar in diesen speziellen Bildungskontext (Sportverband) in einem ersten Schritt einen technischen Prototypen eingebracht, was folgte war aber eine Gegenberatung durch die Sport-Spezialisten vor Ort. Mittlerweile wurde die Didaktik auch weiterentwickelt und genau dabei habe ich gemerkt, dass man hier mit allgemeinen Prinzipien zwar weit kommt, aber das Domänen- und Organisationswissen der sog. Praktiker das Gesamtkonzept erst anschlussfähig und für die Mitglieder verstehbar macht. Ich sehe mich in diesem Prozess durchaus als Coach, weil ich viele Anregungen gebe, den Prozess im Tagesgeschäft des Verbandes vorantreibe, hier und da Referate halte, um die (Veränderungs-)Perspektive aufzuzeigen; aber ohne einen Mitspieler IN DER ORGANISATION, der die allgemeinen Vorschläge spezifiziert, sich selber als „Macher“ sieht, geht es definitiv nicht. Das Ganze ist mit dem Begriff „Implementation“ wie ich finde auch recht unzureichend beschrieben, wenn man darunter die Umsetzung von schon Gedachten (Strukturen, Konzepte, Maßnahmen) versteht. Vielmehr ist es eine – wie oben angedeutet – gemeinsame Konstruktion eines Technologie-Didaktik-Organisations-„Bündels“, wobei man über die Komplexität (im Sinne eines Metatextes) tunlichst nicht sprechen sollte! Ähnlich wie Staub sehe ich einen wichtigen Erfolgsfaktor darin, in diesem Coachingprozess einen langen Atem zu haben und die Interventionskonzepte wirklich an der Lerngeschichte des Einzelnen anzudocken. Vieles – sicherlich nicht alles – entwickelt sich von diesem Ort aus.