Z.Z. behandeln wir innerhalb der Ghostthinker-Gruppe das nicht ganz triviale Thema „Policy“. Das sind Richtlinien für jeden Mitarbeiter, die im engen Sinne die Rechtefrage bei Produktionen, im weiten Sinne die Kulturfrage betreffen. Das Thema ist heikel aber wie ich finde wichtig, zumal wir uns ja als campusnahe Firma verstehen, bei der das forschende Arbeiten eine nicht geringe Rolle spielt – mit entsprechenden Folgen für die Policy. Aber das ist hier nur der Aufhänger für Folgendes…
Wenn Universitäten im Zuge ihrer Modernisierungsbemühungen auf das Pferd „Unternehmertum“ setzen und entsprechende Anreize schaffen, dann ist es nicht verwunderlich, wenn Studenten auch schon innerhalb ihres Studiums an „verwertbare Produkte“ denken oder gar eine eigen Firma gründen. Die Frage, ob dieses Schielen nach der goldenen Zukunft gut ist für jene, die sich den Studien verschrieben haben (ich denke, Eliten tun das, oder??) will ich hier und jetzt nicht stellen und was für eine Person letztlich gut ist weiß ich auch nicht. Ich will darauf hinaus, dass das sog. „unternehmerische Denken und Handeln“ eine ambivalente Formel ist. Ein auf „Geldmachen“ reduzierter Unternehmerbegriff kann !!! das Bewusstsein auf das eigene Ego verengen und damit verliert man mentale Entwicklungschancen, die sich gerade auch im universitären Kontext ergeben sollten. Aus diesem Grunde spricht man ja auch gerne von Entrepreneurship oder gar Entrepreneurship Education, um junge Menschen eben nicht primär mit der Nase auf das Geld, sondern auf die Entdeckung von wertschöpfenden Ressourcenkombinationen zu lenken. Ein solcher Unternehmerbegriff (Entrepreneurship) fokussiert die Frühphase einer Unternehmung (ein schönes Wort), bei der die Problemfindung, der Mut und die Kreativität essentiell sind. Zwar winkt am Horizont ggf. auch hier die Möglichkeit „damit Geld zu machen“, aber das Bewusstsein und das Erleben in solchen Projekten ist doch ein qualitativ anderes.
Man merkt, ich habe noch so etwas wie eine pädagogische Idee der Universität. Ja, das ist wohl so. Seit dem Münchener Kongress der Hans Martin Schleyer Stiftung „Humboldt neu denken “, denke ich darüber nach, was da eigentlich vor sich geht. Auf der einen Seite Sebastian Fiedler , der nicht müde wird, die sog. Ökonomisierung der Universität kritisch auf den Prüfstand zu holen. Auf der anderen Seite z.B. Tom Sporer, der von einem „entrepreneural spirit“ (er meint sicher nicht Geldmacherei, sondern Unternehmergeist) nicht genug bekommen kann.
Ich frage mich: Was für eine IDEE von Universität haben wir heute? Haben wir überhaupt eine Idee, oder eher unkoordinierte Ideenfragmente, ein Konzert von Bruchstücken aus unterschiedlichsten Lagern? Und: denken wir diese Idee nur auf der Ebene der Institutionen oder auch auf der Ebene des Studenten, des Individuums (Autonomiebegriff). Damals in München habe ich mich gefragt, ob der gute Humboldt denn für alles herhalten muss, für die glanzvolle Vergangenheit (Einheit von Forschung und Lehre, allgemeine Bildung, Individualität als Zweck) UND als Gewährsmann für die Zukunft, was ja im „neu denken“ durchaus zum Ausdruck kommt. Also noch mal: was für eine Idee haben wir von universitärer Bildung im 21. Jh. in Deutschland?
Zum Schluss will ich doch noch die eingangs erwähnte Policydebatte aufgreifen: wenn wir im Studium den unternehmerischen Studenten bekommen, wenn wir durch Gründerplattformen und Inkubatoren am Ende des Studiums Gründer hervorbringen und wenn wir im Zuge der Clusterbildung campusnahe arbeitende Ausgründungen wünschen, dann erzeugen wir so etwas wie eine „Gründungspipiline“. Unbeantwortet ist bisher die Frage, nach welcher Entscheidungslogik der Einzelne entlang dieser Pipiline handeln soll, denn er lebt ja im Grunde in zwei Systemen gleichzeitig: in der Logik der Wissenschaft und in der Logik des (Wirtschaft)Marktes. Sicherlich gehören solche Überlegungen auch zu der oben geforderten „Idee“ der Universität. Eine komplexe Aufgabe, die sicherlich zu einem nicht geringen Teil deshalb entstanden ist, weil wir die „Welt“ in die Universität geholt haben.