Klinsi hat die WM gewonnen, zumindest diese Facette bleibt uns Dank der Medien nachhaltig in Erinnerung. Doch was kann man von Klinsi wirklich lernen, was wäre Kern einer „Klinsologie“? Sicher, keiner wird bestreiten, dass Klinsis neuer Geist ganz wichtig für das deutsche Spiel war. Darüber hinaus hat Klinsmann mit seinen „neuen Methoden“ und seiner Personalpolitik gezeigt, dass es auch in einer stark verkrusteten Organisation wie dem DFB möglich ist, Neuerungen durchzusetzen, … durchzusetzen!
Neben diesem Glanz des Erfolgs scheint mir aber noch ein anderer Aspekt der Klinsologie wichtig: Erfolg kommt nicht sofort, Reformen beginnen mit Rückschlägen, mit schlechten Leistungen! Das ist zwar keine Notwendigkeit, aber eine beruhigende Einsicht. Allzu oft – und nun schlage ich die Brücke – lassen wir uns bei der mutigen Entwicklung neuer Lernszenarien von Rückschlägen irritieren, allzu schnell sind wir mit Urteilen bei der Hand wie: „Na siehst du, es klappt doch nicht!“. Bei Lerninnovationen ist es eben auch so, dass zig Variablen auf die neue Situation eingeregelt werden müssen, dass jeder Teilnehmer sich neu auf eine Lernsituation einregeln muss … mit Kopf, Hand und Herz. Und das ist nicht nur risikoreich sondern auch hochkomplex, weil im Prinzip nicht steuerbar. Wer den Weg trotzdem gehen möchte – nicht um des Neuen willen, sondern weil das Neue eventuell mehr Spaß macht und inhaltlich reicher ist, der braucht neben Geduld und eine lange Puste, Gespür für das, was man als „gelingendes Lernen“ bezeichnen kann und eben auch einen Hauch von der klinsmannischen Radikalität, Dinge zu verändern, die bisher zu den „heilige Kühen“ gehört haben. Für die Schule heißt dass zum Beispiel, den 45-min Takt in Frage zu stellen und längere Lernphasen einzurichten, für die Hochschule heißt dass zum Beispiel, Studenten mit unterschiedlichen Rollen und Aufgaben zu konfrontieren (Tutor, Manager, Forscher), die in die genuine Wissensproduktion einzubinden. Und für den industriellen Betreib könnte man die Frage stellen, ob die Anwesenheit der Mitarbeiter vor Ort immer das Mittel der Wahl ist, die Produktivität (gerade nachhaltig) zu steigern.
Ja, Jürgen Klinsmann verdient Lob für den mutigen Weg den er und sein Team gegangen ist und ich bin sehr froh, dass er mit seiner Strategie den 3. Platz gewonnen hat – ansonsten hatte es geheißen: „Wir haben es gleich gesagt, der Klinsi …“. Also, Hut ab Jürgen, auch wenn du verloren hättest :-), … die Zukunft gehört den Mutigen!