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Ein radikal neues Wirtschaften?
Am 05. Juli war ich in Duisburg auf dem Sommerfest der Anthropa gGmbH. Was ist das: Sommerfest + Anthropia? „Sommerfest“ ist, wenn ca. 400 frohgelaunte und neugierige Menschen in einem gartenähnlichen Stiftungsgelände zusammenkommen und sich von geführten Impulsen, informellen Gespräche und cooler Musik inspirieren lassen. „Anthropia“ ist eine gemeinnützige Organisation im Zwischenraum von Sozialunternehmertum, Wissenschaft und Politik, die es sich zur Aufgabe macht, Menschen zusammenzubringen, für die (der letzte Satz hat es in sich) „eine andere Welt möglich ist!“
Es würde den Rahmen dieses kurzen Beitrags sprengen, um auf die Philosophie der Anthropia tiefer einzugehen, aber am Ende geht es darum, für ein sozial-ökologisches Wirtschaften zu inspirieren und konkrete Wege der Umsetzung (= Transformation) zu bahnen. Und das ist ebenso ganzheitlich wie radikal gemeint, denn, das neue Wirtschaften betrifft ein „Umwerten aller Werte“ (vgl. Podcast mit Karsten Ottenberg), angefangen beim Wirtschaftszweck (Primat Impact) über Prozesse (systemische Geschäftsmodelle oder partizipative Führung) bis zu neuen Finanzmodellen und Kooperationsformen.
Mir hat das Sommerfest gefallen, …
- weil dort unter dem Stichwort „Sozialunternehmertum“ sehr verschiedene Menschen und Biografien zusammengekommen sind: Bankerinnen, Juristen, Architektinnen, Technikerinnen, Pädagogen … bis zu Sozialarbeiterinnen. Als eine solche Sozialarbeiterin outete sich z.B. Christiane Underberg (ja, genau die), die launig und authentisch über „Enkelfähigkeit“ sprach und damit dem inflationären „Nachhaltigkeitssprech“ eine intuitive und gut nachvollziehbare Form gab.
- weil ich dort das Projekt der „Alon Academy“ kennen lernen durfte: Bei Gründer Lukas Loja (und den Kindern) steht das „Gekonnte Scheitern“ als Basiskompetenz von zukünftigen Entrepreneuren im Zentrum. Das setzt viel Experimentierraum und eine Lernkultur voraus, bei dem der Begriff „Fehler“ aus dem Wortschatz gestrichen ist: An dessen Stelle tritt das Wort Mutmachen und der Zuspruch, dass es beim nächsten Anlauf besser wird.
- weil ich dort Oliver Kuschel, einem Gründer der Anthropia (neben Dirk Sander) „Hallo“ sagen durfte: Dabei konnte ich mein noch unscharfes Interesse am Projekt „School of Transformation“ zum Ausdruck bringen.
Was mir auffiel: Unter dem Dach des sozial-ökologischen Unternehmertums kommen Menschen zusammen, die ganz sicher an eine andere mögliche Welt glauben, dies aber in sehr unterschiedlicher Weise und mit unterschiedlicher Radikalität tun: Da sind welche, die ein „Mietportal“ betreiben, damit Menschen z.B. Gartengeräte mieten statt kaufen – ein klassisches Geschäftsmodell, guter Zweck, ok. Da gibt es welche, die bauen Wälder in Schwellenländern an (pro Klima), mit denen eine systemische Transformation (pro Arbeit) in den Regionen stimuliert wird, die sich in Genossenschaften (Besitz) organisieren und durch ein spezielles Renditemodell (Geld) finanzieren – also systemische Veränderungen, klasse! Und schließlich gibt es da welche, die laden Menschen dazu ein, einem „Change Club“ (Gründer Daniel Klein) beizutreten, um mit Hilfe einer passenden App Veränderungsprozesse im Team zu organisieren, was Motivations- und Vertrauenslücken überwinden hilft – hier finden wir also herausragenden Ansatz der versucht, eines der größten Probleme zu lösen, das des „soziale Dilemmas“.
Was ich sagen will: Das „Sozialunternehmertum“ ist selbst im Werden, Vieles ist noch in der Geburtsphase, aber wichtig erscheint mir, dass dort zwischen Staat und Privat ein neues Gravitationsfeld entsteht, welches das klassische Ehrenamt oder klassische NGOs ablöst und finanziell belastbare und wirksame Strukturen aufbaut. Das Ziel dahinter lautet: die Sozial- und Ökologieprobleme aus Gegenwart und Zukunft mit unternehmerischen Mitteln (!), raffinierten sozialpsychologischen Verfahren (!) und am Ende auch mit passender Technologie (!) – genau in dieser Reihenfolge – zu lösen.