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Zuhören trotz Medien

Es wird ja immer gesagt, unsere Kinder können nicht mehr zuhören, wegen "all der Medien". Das klingt reichlich nach Klischee, ich weiß, aber in Alltagsdiskussionen treffe ich es dennoch oft an. Am Mittwoch war ich auf dem Erzählfest der Bücherei hier in Wolfratshausen. Ca. 50 Kinder hatten sich mit Eltern versammelt um Geschichten zu lauschen, die teils von Kindern, teils von einem professionellen Erzähler vorgetragen wurden; und wenn erzählt wurde, dann war es muxmäuschenstill. Hedi Reinmanns 13 Kinder machten ihre Sache ohne Zweifel prima, hatten sie doch in den letzten Wochen Geschichten erfunden, bemalt und das Vortragen eingeübt. Toll! Gestützt wurden diese Kindererzählungen von Michael Klute, einem Geschichtenerzähler bzw. Mundwerker wie aus dem Bilderbuch: lange, zottelige Haare, große Augen, tiefe Stimme :-). Mit seinen Instrumentaleinlagen hat er nicht nur die Kinder entzückt, sondern auch bei den Erwachsenen (den großen Kindern) Neugier geweckt. Alles in Allem: ein Supernachmittag mit der Erkenntnis: Erzieher/Lehrer sollten Geschichten erzählen können, das ist echt eine pädagogische Basiskompetenz. Die Herausforderung besteht freilich darin, aus dem "Geschichtenerzähler" jemand zu machen, der Geschichten über Schulstoff erzählen kann. Gibts das?

P.S. Leider kann ich keine Kinderbilder hier zeigen, der Luftballon soll die Stimmung andeuten ;-).

Von |23. Juli 2009|Kategorien: Allgemein|Kommentare deaktiviert für Zuhören trotz Medien

Jürgen Vogel – grenzgängerisch

Gestern Abend habe ich mir den Film "Der freie Wille" von Jürgen Vogel angesehen – hartes Kaliber, authentisch, "grenzgängerisch", wie Vogel selber in einem lesenswerten Interview sagt. Erzählt wird eine Geschichte eines Vergewaltigers, der Heilung in einer Klinik sucht, sie aber nicht findet. "Es steckt in mir – immer!", ruft er seiner Freundin kurz vor dem Selbstmord, dem Freitot, zu. Der Film wühlt auf, die an manchen Stellen beschämende Direktheit des Films ist befremdlich, man will den Film weiterspulen, weil man mit dieser Facette der Menschheit nicht klar kommt. Mir geht das Buch von Biere durch den Kopf, auch dort geht es um den freien Willen, auch dort handelt der Anfang des Buches von einem Irren, hier einem Mörder. Der Film (und Buch) würde z.B. in der Oberstufe viel Potential bieten: Umgang mit (gefährlichen) Kranken? Was ist Krankheit/Gesundheit? Verantwortung, wem gegenüber? Freiheit des Willens? Gesellschaftsbild? Freitot? … Vogel in die Schule! :-) Er würde wahrscheinlich – hmm, obwohl, er hat 4 Kinder – ablehnen. Aber die Filme sollte man nutzen, WEIL man ihm die Rollen, die Botschaften abnimmt … und das genau deshalb, weil er nicht gesellschaftsfähig sein will. Doch Vogel ist kein Grenzgänger (was ist denn heute noch Grenze?), er ist ein "Blindfleckler", einer, der uns Augen macht für das, was inmitten der Gesellschaft passiert, was wir aber nicht sehen (können oder wollen).

Von |19. Juli 2009|Kategorien: Allgemein|Kommentare deaktiviert für Jürgen Vogel – grenzgängerisch

Was ist ein i-Modulator?

Gestern hatte ich ein Gespräch mit meinem Bruder, Peter. Schon länger, eigentlich schon seit 10 Jahren, beschäftigen wir uns (informell) mit der Vorgründungsphase, also der Phase eines Projekts, wo es darauf ankommt, rohe Ideen zu formen, Köpfe zu motivieren und ihre Potentiale zu koordinieren. Das hat viel mit Psychologie, vielleicht auch Pädagogik, wenig mit fließendem Geld zu tun ;-). Mit dem aus der Unternehmensgründungsszene bekannten Begriff der „seed-Phase“ sind diese Prozesse nur unzureichend abgebildet: „vor“ kann vieles heißen und der Gründungszeitpunkt x ist oft nur ein formaler Rechts-Akt .

Wie kann man den Wertschöpfungsprozess und die damit verbundenen sehr unterschiedlichen Herausforderungen beschreiben? Peter hat vor allem den ersten Schritt im Blick: „In der Startphase kommt es darauf an, dass jemand die Personen (Träger der Ideen) für ein Produkt oder eine Dienstleistung, z.B. Ingenieure unterschiedlicher Fachrichtungen, „aktiviert“, ihnen das Wertschöpfungspotenzial vor Augen hält, die verstreuten Ideenfragmente so aufbereitet, dass daraus eine vermarktbares Potential (nicht ein wissenschaftliches Potential) entsteht. Kurz: man muss einen Anfang machen, man muss Energien dort bündeln, wo sie latent sind: etwas Unsichtbares und flüchtiges wird sichtbar. Dabei muss man die meist kauzige Art der Ideengeber aushalten können, man muss durch ein „halbes“ (meist analoges) Verstehen die Idee zusammenhalten, man muss ein Klima der Kommunikation entfalten können und zwar dort, wo die Gruppe noch gar nicht so genau weiß, worüber sie kommunizieren soll – Kommunikation ohne Grund , aber mit Zweck.

Die Person, die diesen „ersten Akt“ unterstützt, könnte man i-Modulator nennen. Warum Modulation? M. ist ein transdisziplinärer Begriff, der in der Musik, Medizin, Biochemie, Linguistik vor allem in der Nachrichtentechnik gebraucht wird. Als Begriffskern könnte man sagen, dass man mit Modulation eine „Anpassung“, „Überleitung“, „Transformation“ mindestens zweier Qualitäten meint. Hier ein Blick in die Nachrichtentechnik:

„Ein großes Anwendungsgebiet in der Nachrichtentechnik ist die Signalübertragung. Es geht darum, wie man viele Informationen möglichst verlustfrei über einen Übertragungsweg übertragen kann. Bei der Übertragung verschiedener Signale auf dem selben Übertragungsweg ist ohne eine vorherige Signalaufbereitung kaum eine Signalübertragung möglich. Deshalb werden Modulationsverfahren eingesetzt, um Informationen und Daten so in elektrische Signale umzuwandeln, damit sie für die Übertragung geeignet sind. Ein Modulationsverfahren beschreibt, wie Daten abgebildet werden müssen, damit sie auf einem Kabel oder über die Luft übertragen werden können.“ (Quelle: Elko)

„Unterschiedliche Daten auf EIN Kabel kriegen“. So oder so ähnlich könnte man (recht mechanistisch) die Funktion eine i-Modulators im Gründungsprozess beschreiben. Wofür steht das „i“? Ganz modern für Idee, Innovation, Information.

Erst wenn dieser Übergang von der impliziten zur einer expliziten Idee vollzogen ist, wenn man überhaupt erst sagen kann: „Wir haben eine Idee!“, dann kommen die BWL-er, die diese Idee in Richtung eines ordentlichen BP mit Projektplanung weiterentwickeln, dann kommen die Banker, welche die Idee weiter prüfen und am Ende kommen die VC-Partner, die an den abstrakten Eckwerten der Gründung Interesse haben.

Warum erscheint mir der i-Modulator (also ein Kunstwort) erwähnenswert? Weil der oben skizzierte „flüchtige Prozess“ weder in der Gründungspraxis angemessen eingebunden noch in der Literatur zum entreprenerership education gut beschrieben ist. Gerade im Zuge eines „Wirtschaftskundeunterrichts“ an Schulen oder Projekten zum Gründungsprozess (EE) an der Universität fände ich die Beschäftigung mit dem i-Modulator wichtig, weil Schüler/Studenten erfahren könnte, dass „Wirtschaft“ nicht vom Himmel fällt, sondern (zumindest Wirtschaftsgründungen) viel mit Psychologie, Pädagogik und … wenn man den Spagat aushält, auch einiges mit „kosmischer Religiösität"  (s.a. A. Einstein) zu tun haben.

Von |12. Juli 2009|Kategorien: Allgemein|Kommentare deaktiviert für Was ist ein i-Modulator?

Kinder-Erzählfest 2009

Nun schon zum dritten Mal veranstaltet Hedi Reinmann zusammen mit der Stadtbüchereiin Wolfratshausen ein Kindererzählfest. Ausgehend von Hedi`s Erzählkurs beim Goldmund Verein in München hat sich hier in Wolfratshausen ein Geschichtenwerkstatt für Kinder entwickelt, in der die 5-11 Jährigen – zusammen mit Hedi – Geschichten erfinden, dazu bunte Bilder malen und in einem dritten Schritt versuchen, Bilder samt Geschichte vor einem Publikum vorzutragen. Das ist sehr spannend, lustig und mit Herzklopfen auf Erzähler- wie Zuhörerseite (meist Eltern) verbunden. Dieses Jahr freuen wir uns besonders auf Michael Klute, einem (Kinder)erzähler aus dem Sauerland (da wo ich wech komm). Man muss ihn gehört UND GESEHEN haben… wenn er erzählt, dass ein Bär brummt, dann brummt der Saal. Also, wer Kinder im genannten Alter hat oder selber das Kindsein noch attraktiv findet, der sollte kommen! 20. Juli 2009, 15.00, Wolfratshausen, Stadt-Bücherei.   

Von |10. Juli 2009|Kategorien: Allgemein|Kommentare deaktiviert für Kinder-Erzählfest 2009

learning from learners – a smart idea?!

Die letzten beiden Tage war ich auf der IATEL-Tagung in Darmstadt, was sehr interessant war. Gabi musste dort einen Vortrag halten und in einem solchen Fall bietet sich ein Exkurs aus dem Alltag immer an ;-). Schon vor Wochen wollte ich ein Motivationsschreiben zu dieser Tagung einreichen, um dort an den Workshops aktiv teilzunehmen. Leider habe ich das verschwitzt und so konnte ich mich mit dem didaktischen Konzept zum SportCampus nur oberflächlich einbringen. Inhaltlich bot meine Session hierzu nämlich mancherlei Anker: z.B. durch die Anwesenheit von Computerlinguisten und Informatikern, die Interesse an dem Zusammenhang von „Bewegungsvisualisierung und Sprache“ oder „guided tagging“ hatten.

In unserer Session „learning from learner – a smart idea“ haben wir das Ziel verfolgt, die impliziten oder auch fehlenden „Setzungen“ (Annahmen, Bedingungen) zu finden, die hinter dem eigenen Lernkonzept stehen, z.B. gehe ich von einem Novizen-Experten Modell aus? Will ich Sinnverstehen fördern oder bloße Informationsverteilung? Betrachte ich den Lerner als hilfsbedürftig oder neugierig? Welche Vorstellung habe ich von der Community? Wie steht diese mit dem einzelnen Lerner in Verbindung? Hinter diesen Fragen verbergen sich Modelle, z.B. Lernermodell, Communitymodell, Technikmodell, Anwendungsmodell, etc. Es kam im Grunde heraus, dass sich einige Kleingruppen gar keine Gedanken über ihre Modellannahmen machen oder dass das Zusammenspiel (Abhängigkeiten) der Teilmodelle nicht hinreichend berücksichtigt wird. Insofern ist es interessant, s y s t e m a t i s c h nach blinden Flecken der didaktischen und technischen Entwicklungsarbeit zu suchen und dabei für die unterschiedlichen Fachsprachen/ Annahmen der Beteiligten (allem voran Pädagogen und Informatiker) sensibilisiert zu werden.

Ich habe gemerkt, dass die Diskussion „ohne konkreten Fall“ oft schwindlig hoch und allgemein ist, da man immer alle möglichen Modellparameter berücksichtigen muss. Das ist einerseits inspirierend, weil die geistige Beweglichkeit über die Modellgrenzen hinweg hoch ist. Andererseits ist eine solche Diskussion unbefriedigend, weil sie bei informationsarmen Aussagen stehen bleiben muss, z.B., „es kommt darauf an“ ob die Idee Learners from learners funktioniert. Durch eine dichte Beschreibung eines komplexen Falls könnte man die vorgeschlagenen Modelle „aktivieren“, d.h., konkreten Modellparametern zuordnen. Diese Konkretisierung bei gleichzeitiger Modelleeinordnung hätte den großen Vorteil, dass man die zentrale Frage der Ausbalancierung von Modellparametern (model balancing) anschaulich macht. Das ist – glaube ich – sehr lehrrreich, für den Vortragenden und Zuhörer.

Die Abschlussdiskussion am Samstag bündelte nochmal die Ergebnisse aus den Sessions. Gegen Ende ging es nicht mehr um e-learning, sondern um Grundsätzliches: um den Wert der Formung an einer Universität, dem Wert der „Unterwerfung“ der Studenten unter einen „Zwang“, der zur Freiheit und Bindung führt (Sesink). Das sind alte, dialektische Formeln, die immer noch gültig sind. Das Problem der m o d e r n e n Universität ist aber, dass wir uns verstärkt „toten Formen“ unterwerfen, also Regeln und Bindungen, die „weh tun“ OHNE das damit personales Wachstum verbunden ist. So kamen wir abschließend zu einer Hintergrundfolie für e-learning-„Aktivisten“, von der auch Gabi in ihrem Vortrag gesprochen hatte: Ist die subtile Ökonomisierung der Universität im Gewandt einer FORMALISIERUNG Treiber für die Lern-UN-kultur? Ja, das Thema hatten wir schon einmal bei Ökonomie und Bildung. Was tun? Darauf wurde keine Antwort gegeben und ich weiß auch nicht, ob die e-Learning Forschung darauf eine Antwort geben KANN, denn politische Aktivität ist für den modernen Forscher ein „no go“, oder? Wem das zu pessimistisch ist, der sei auf das Spiel von Wey-Han (einer der Referenten) verwiesen: der Nutzer kann hier durch anarchistische Kreativität Grenzen ausloten und letztlich (selbst)aufklärerisch wirken. Zumindest lebt die „Idee des Politischen“ im Spiel weiter … ;-).

Von |21. Juni 2009|Kategorien: Allgemein|Kommentare deaktiviert für learning from learners – a smart idea?!

Vertrauen baut man langsam auf

Am Freitag haben wir den zweiten Aufbau-Lehrgang beim TTVN in Hannover mit ca. 20 TeilnehmernInnen erfolgreich abgeschlossen. Markus Söhngen und Martin Schmidt haben sich als Moderatoren sehr ins Zeug gelegt, um die vielen Annotierungen, C-Maps und Blogbeiträge zu beantworten bzw. zu kommentieren – das Ghostthinker-Team (Johannes und Stefan) war im Hintergrund und hat vor allem durch technischen Support geglänzt. Bei ca. 1200 Beiträgen ist das nicht mehr so einfach. Am Montag startet gleich der nächste Lehrgang beim WTTV und es wird interessant sein, wie sich die Evaluation beim WTTV vom TTVN unterscheidet (Gleiches Design, unterschiedliche Moderatoren und Teilnehmer). Wenn dieser Kurs ähnlich gut klappt, dann haben wir 2010 Chancen die A-Lizenz-Ausbildung im DTTB mit dem edubreak-SportCampus zu begleiten. Das wäre was!

Man sieht an der ganzen Entwicklung (seit 2008), wie kleinschrittig Lern-Innovationen (als Integral von mediendidaktischen-, medientechnologischen-, curricularen-, verbandsrechtlichen-, finanziellen- und kulturellen Fragen) verlaufen können. Andes herum macht es sehr viel Freude in Bereichen tätig zu sein, in denen die digitalen Medien keinen oder geringen Stellenwert haben, weil man hier die Dinge noch kreativ gestalten kann! Das im Bereich der Sportausbildung (akademisch wie im Verband) noch vieles gestaltet werden muss, sieht man an der aktuellen Dissertation von Leif Eickhoff, die eine Bestandsaufnahme mit (Forschungs-) Perspektiven aufzeigt.

Von |14. Juni 2009|Kategorien: Allgemein|Kommentare deaktiviert für Vertrauen baut man langsam auf
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